Baustellen stören bald die Idylle des Oberdorfes – die Telekom lässt Glasfaserkabel unter Gehwegen verlegen. Foto: Dirk Herrmann/Archiv

Trotz der um einen Monat verlängerten Frist für Glasfaserkabel-Vorverträge sind in Fellbach statt der erhofften 2100 gerade mal 1800 Bestellungen eingegangen. Gebaut wird nun trotzdem – auch wegen starker Resonanz aus der lokalen Wirtschaft.

Fellbach - Auf 2100 Bestellungen für schnelles Internet hatte die Telekom im Fellbacher Oberdorf eigentlich gehofft. Bevor zwischen Kappelberg und Stuttgarter Straße die Bagger für den Glasfaserausbau anrollen, wollte das Unternehmen bei einem Fünftel der in Frage kommenden Haushalte auch einen Vorvertrag in der Tasche haben. Schließlich soll sich das Geschäft mit dem schnellen Kabel lohnen: Bei geschätzten Investitionen von acht Millionen Euro will niemand am Bedarf vorbeiplanen.

Garniert war die Werbetour für die Glasfaser aber auch mit einer Drohung

Deshalb legte die Telekom fürs geneigte Publikum einen durchaus schmackhaften Köder aus. Wer bereits in der Startphase der Vermarktung einen High-Speed-Anschluss bucht, sollte die Kosten für den Hausanschluss (799 Euro) geschenkt bekommen. Bei Mehrfamilienhäusern wollte der Telekommunikationsanbieter auch die mit hohem Aufwand verbundene Verkabelung im Gebäude übernehmen. Sparsame Schwaben, so das Kalkül der Vermarkter, können so einer Offerte nur schwer widerstehen.

Garniert war die Werbetour für die Glasfaser aber auch mit einer Drohung: Falls das Interesse am Breitbandausbau in Fellbach unter der 20-Prozent-Marke bleibt, stellte der Regio-Manager Volker Ackermann zum Auftakt der Kampagne unmissverständlich klar, würden die Tiefbaufirmen mit ihren Asphaltfräsen erst mal in eine andere Ecke der Region geschickt – schließlich warten im Rahmen des Projekts Gigabit-Region 179 Kommunen darauf, dass der Ausbau der Datenautobahn endlich Fahrt aufnimmt.

Eine Fristverlängerung über den Jahreswechsel brachte in Fellbach wenig Abhilfe

Entsprechend groß war auch im Fellbacher Rathaus die Ernüchterung, als Mitte Dezember die selbst gesetzte Frist für die Vorvermarktung ablief – und gerade mal 1400 Bestellungen auf dem Tisch lagen. Während es bei den ebenfalls angeschriebenen Unternehmen in den drei Gewerbezonen an der Ringstraße, an der Höhenstraße und im Bereich von der Schorndorfer Straße bis zum Erbach starke Resonanz gab, tröpfelte es bei den Privatkunden nur. Zum Vergleich: Im Ditzinger Stadtteil Heimerdingen (Kreis Ludwigsburg) bestellte jüngst jeder dritte Haushalt die Glasfaser, in Weil der Stadt im Kreis Böblingen waren es immerhin um die 25 Prozent. Eine Fristverlängerung über den Jahreswechsel brachte in Fellbach wenig Abhilfe, Mitte Januar lag die Zahl der Vorverträge bei gerade mal 1745 Haushalten. „Wir prüfen, ob der Ausbau auf Basis der erreichten Aufträge realisiert werden kann“, stand seither im Internet-Auftritt des Unternehmens zu lesen.

Damit Daten mit bis zu einem Gigabit pro Sekunde durch die Leitung flutschen, wird das Oberdorf über Monate zur Großbaustelle

Geprüft hat die Telekom inzwischen und am Freitag mitgeteilt, dass es im Frühjahr losgehe mit dem Glasfaserausbau. Zwar ist die angestrebte Quote längst nicht erreicht, statt 2100 haben nur etwa 1800 Haushalte das Breitbandpaket bestellt. Doch weil es auch konkretes Interesse von mehr als 1000 Firmen gibt, lohnt sich der Baustart offenbar trotzdem. „Ich freue mich, dass Bürger, Unternehmen und Stadt an einem Strang ziehen“, kommentierte Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull die Nachricht. Der intensive Einsatz der lokalen Verantwortlichen habe letztlich den Ausschlag für den flächendeckenden Ausbau gegeben, erklärte die Telekom. Erste Vorarbeiten sind bereits erfolgt, eine Arbeitsgruppe hat Baumaßnahmen und Standorte der Verteilerkästen besprochen. Laut der Firma sollen die Glasfaseranschlüsse bis Ende 2020 zur Verfügung stehen. Damit Daten mit bis zu einem Gigabit pro Sekunde durch die Leitung flutschen, wird das Oberdorf über Monate zur Großbaustelle. Die Tiefbaufirmen reißen quasi jeden Gehweg auf, um ein dickes Leerrohr erst 50 Zentimeter tief in den Untergrund und bei Bedarf ins Haus zu legen. In die Hülse wird die eigentliche Glasfaser eingeblasen, die Telekom rechnet mit etwa neun Monaten Bauzeit. Wo möglich, soll das Trench-Verfahren angewendet werden: Dabei genügt es, einen schmalen Streifen in den Asphalt zu fräsen. Klar aber ist, dass es nicht ohne Lärm, Dreck und Straßensperrungen gehen wird. Um Vorgärten und Garageneinfahrten muss sich kein Hausbesitzer sorgen – in der Regel wird ein Leerrohr für die Glasfaser unterirdisch bis an die Hauswand gepresst.