In Bietigheim-Bissingen sind derzeit viele Gehwege eine Baustelle. Foto: factum/Granville

Weil die Telekom die Internetversorgung per Vectoring ausbaut, gibt es in der Stadt zwischenzeitlich über 120 Baustellen. Doch das ist nicht das einzige Problem.

Bietigheim-Bissingen - Fußgänger müssen in diesen Tagen in Bietigheim-Bissingen besonders aufpassen. Oft sind Gehwege unterbrochen oder abgesperrt, weil der Asphalt aufgerissen wurde. Dabei handelt es sich nicht um Sanierungsarbeiten der Stadt, sondern um den Breitbandausbau der Telekom. Mehr als 120 Baustellen verteilt auf das ganze Stadtgebiet haben sich so in den vergangenen Wochen ergeben.

Die Telekom hatte im vergangenen Sommer auf den Druck aus den Kommunen reagiert und angekündigt, das Netz in der Stadt Bietigheim-Bissingen auf Glasfaser-Geschwindigkeit auszubauen. Herausgekommen ist dabei jetzt die Vectoring-Technik. Diese ermöglicht einen schnelleren Datenfluss durch die alten Kupferkabel von den Verteilerkästen hin zu den Haushalten. Hier muss die Telekom also nichts ändern und spart Geld gegenüber einem flächendeckenden Glasfaserausbau. Was ausgetauscht werden muss, sind die Kabel von den Hauptverteilern zu den Verteilerkästen hin sowie die Verteilerkästen selbst.

Die Konkurrenz beklagt eine „Re-Monopolisierung“

Diese müssen gegen Störsignale besonders abgeschirmt werden, was wiederum dazu führt, dass keine weiteren Anbieter den Verteilerkasten nutzen können – so werden auf der einen Seite Download-Geschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde und Upload-Geschwindigkeiten von bis zu 40 Megabit pro Sekunde möglich, auf der anderen Seite verschafft sich die Telekom eine „Re-Monopolisierung“ des letzten Abschnitts bis zum Haus, wie der Bundesverband Breitbandkommunikation beklagte.

Auch in Bietigheim-Bissingen ist man nicht glücklich über das Vectoring-Modell. „Das ist technisch eine Krücke“, sagt der SPD-Gemeinderat Günter Krähling. Seine Fraktion hatte vor einem Jahr einen Aktionsplan zum Breitbandausbauvon der Stadt eingefordert. Anlass war die mangelhafte Versorgung der Stadtteile Untermberg, Metterzimmern und teilweise auch der Gewerbegebiete gewesen. Laut dem Breitbandatlas des Bundesverkehrsministeriums sind dort nur Download-Geschwindigkeiten bis zu sechs Megabit pro Sekunde möglich – eine Geschwindigkeit, die beispielsweise nicht ausreicht, um ruckelfrei Filme anzusehen.

Einzelne Stadtteile und Gewerbegebiete sind unterversorgt

Rucklig geht es derzeit auch im Bietigheim-Bissinger Straßenverkehr zu, denn die Baustellen seien teilweise eine „massive Behinderung“ im Verkehr, wie Krähling sagt. Im Gemeinderat seien die vielen Baustellen moniert worden, „aber da sind wir im Prinzip machtlos“. Die Stadtsprecherin Anette Hochmuth bestätigt: „Die Telekom hat das Recht, diese Baustellen einzurichten. Wir können das nicht dirigieren.“ Um zusätzliche Behinderungen zu vermeiden, habe die Stadt darauf geachtet, eigene Straßensanierungen nicht zur gleichen Zeit anzugehen. Man hoffe jetzt darauf, dass die Telekom ihre Baustellen wie angekündigt bis Anfang Mai wieder schließt.

Im Juni oder im Juli soll es dann in fast allen Stadtteilen schnelleres Internet geben – wohlgemerkt jedoch nur für Telekom-Kunden und nur für solche, die einen neuen Vertrag abschließen. Der Stadtteil Untermberg muss sich noch weiter gedulden: Mit der Vorwahl 0 71 47 gehört Untermberg, was die Telekommunikations-Infrastruktur angeht, zu Sachsenheim.

Die digitale Agenda

Geschwindigkeit
Der Ausbau der Hochleistungsnetze in Deutschland ist ein erklärtes Ziel der Bundesregierung. Die Digitale Agenda hat zum Ziel, dass bis zum Jahr 2018 Hochgeschwindigkeitsanschlüsse von mindestens 50 Megabit pro Sekunde flächendeckend in Deutschland verfügbar sind. Noch sieht die Realität anders aus: In einem EU-weiten Ranking landet Deutschland auf Platz 20, wenn es um die Versorgung mit Anschlüssen von mindestens 30 Megabit pro Sekunde geht. Der aktuelle Versorgungsgrad liegt hier bei knapp 18 Prozent. Der EU-Schnitt ist 22,7 Prozent.

Überblick
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bietet auf seiner Homepage eine Deutschlandkarte an, mit der der Versorgungsgrad einzelner Städte gezielt überprüft werden kann. Die dem Atlas zugrunde liegenden Daten stammen von den Netzbetreibern.