Bolsonaro ist nach Brasilien zurückgekehrt. Foto: AFP/EVARISTO SA

Jair Bolsonaro ist wieder in seiner Heimat. Welche Rolle er in Zukunft spielen wird, ist unklar. Alles zwischen Ruhestand und Provokation ist denkbar.

Kurz bevor er das Flugzeug in Richtung Brasilia besteigt, rufen ihm Reporter des Senders „CNN Brasil“ die alles entscheidende Frage zu. Doch der prominente Passagier wiegelt ab: „Ich werde keinerlei Opposition anführen.“ Im Flugzeug selbst gibt es Applaus, sodass sich Jair Bolsonaro von seinem Platz erhebt und den Mitreisenden zuwinkt. Vier Jahre lang hat der Rechtspopulist Brasilien regiert, exakt 89 Tage hat er sich davon in Florida erholt. Seit Donnerstagmorgen ist Bolsonaro wieder in Brasilien. Wie die Zukunft aussieht, weiß nun niemand so genau.

In Brasilia empfangen ihn Anhänger. Fast alle mit dem brasilianischen Nationaltrikot bekleidet. Es gibt Sprechchöre, Beifall, Rufe wie „Präsident, Präsident“. Die Menschenmenge ist groß, aber immer noch überschaubar. Sein erster Weg führt direkt zum Sitz der „Partido Liberal“. Jener Partei, die ihn zum Ehrenvorsitzenden gemacht hat. Ehefrau Michelle Bolsonaro, der nicht wenige eine politische Karriere voraussagen, führt den Frauen-Flügel der Partei. Alle haben sie hier auf Bolsonaro gewartet, auf seine Führung. Doch niemand weiß, ob er vielleicht doch lieber den Ruhestand vorzieht und nur noch verbal gegen seinen Nachfolger schießt.

Bolsonaro folgen 25 Millionen Menschen

Die große Frage bleibt deswegen unbeantwortet: Welche Rolle spielt der umstrittene Rechtspopulist in Zukunft? Mit über 25 Millionen Followern allein bei Instagram verfügt Bolsonaro über ein enormes digitales Mobilisierungspotenzial. Ihnen teilte er in den letzten Wochen mit, welche Erfolge er seiner Meinung nach während der Präsidentschaft von 2019 bis 2022 verbuchen konnte. Und diese Anhänger fordern eine aktive Rolle Bolsonaros.

Ganz entscheidend wird für Bolsonaros künftige Positionierung auch die Qualität der Präsidentschaft des linksgerichteten Amtsinhabers Luiz Inacio Lula da Silva sein. Der legte einen schwachen Start hin, auch weil er Bolsonaro praktisch kopierte. Für die Benutzung von Vulgärsprache in einem Interview über den ehemaligen Ermittlungsrichter Sergio Moro, gegen den es ein Mordkomplott gab, musste sich Lula entschuldigen. Seine Umweltpolitik ist bislang eine Enttäuschung, gegen einige Minister gibt es Korruptionsvorwürfe.

Lula tut sich momentan schwer

Dass sich Lula weigerte, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, der die Vorfälle vom 8. Januar untersucht, als Bolsonaro-Anhänger die Institutionen in Brasilia stürmten, lässt Raum für Spekulationen. Steilvorlagen, die Bolsonaro nutzen könnte. Seine Rückkehr wird aber auch von einem „Schmuckskandal“ überschattet, denn das Ehepaar Bolsonaro hatte ein Geschenk des Königshauses von Saudi-Arabien offenbar für sich behalten.

Rund drei Monate nach dem Ende seiner Amtszeit hat Bolsonaro nun eine Reihe teurer Geschenke aus seiner Zeit als Staatschef zurückgegeben. Sein Anwalt gab auf Anweisung des Rechnungshofs am Freitag bei der Staatsbank Caixa Econômica Federal eine Luxusuhr, einen Füllfederhalter, einen Ring, Manschettenknöpfe und eine Gebetskette im Wert von 87 000 Euro) ab.

Vielleicht profitiert Lula von der Rückkehr seines Rivalen

Womöglich profitiert Bolsonaros Nachfolger Lula sogar von dessen Rückkehr. Sein eigenes Lager wird er mit einem leibhaftigen Bolsonaro als Alternative viel leichter mobilisieren können. Von Lulas Umgang mit Bolsonaro wird vieles abhängen. Drei Monate nach dem Machtwechsel befindet sich Brasilien in einem seltsamen Zustand. Die neue Regierung hat sich noch nicht so richtig gefunden, die Opposition auch noch nicht.