Am Strand Baía dos Porcos kann man mit Blick auf die beiden Felsen Dois Irmãos gut baden. Foto: Bendl

Ein Archipel im Atlantik ist der Sehnsuchtsort der Brasilianer: Fernando de Noronha ist das grüne Juwel des Landes. Nur wenige Touristen finden hierher.

Fernando de Noronha - Mutter Natur hat viele hübsche Töchter. Alle haben ihre Reize - mal versteckt, mal sehr offensichtlich zur Schau getragen. Doch diese sich im Meer räkelnde tropische Grazie ist geradezu schockierend schön. Ihre opulente Pracht spottet jeder Beschreibung, und schon das erste Date verzaubert Verehrer. So viel Lieblichkeit will man nicht mit Nebenbuhlern teilen. Kein Wunder also, dass die schlauen Brasilianer ihren Sehnsuchtsort, ihre Schatzinsel, bislang gut versteckt haben. Fernando de Noronha? Nie gehört. Ein unscheinbarer Punkt auf dem Globus, ein paar Hundert Kilometer vom Festland entfernt im Atlantik.

Vor mehr als 500 Jahren landete der italienische Entdecker Amerigo Vespucci, nach dem später der Kontinent benannt wurde, auf dem von einigen schroffen Inseln umrahmten Eiland. Vespucci notierte: „Klare Wasser und unendlich viele Bäume, wunderschöne Vögel, die aus der Hand fressen, ein herrlicher Hafen: Hier ist das Paradies.“ In Brasilien würde das die Mehrheit noch immer unterschreiben. „Ich kenne viele schöne Plätze auf der Welt. Aber keinen, an dem es so viele schöne Plätze zusammen gibt“, sinniert Jürgen Kunze, ein mit einer Insulanerin verheirateter Deutscher. „Alles kostet zwar doppelt bis dreimal so viel wie auf dem Festland, doch auf der Insel wohnen zu können, ist ein Privileg, das alles ausgleicht.“ Stahlblauer Himmel, dunkelgrüner Wald, goldgelber Strand, ockerfarbene Felsen, das Wasser changierend von Türkis nach Dunkelblau.

Der Praia do Sancho gilt in Brasilien als der schönste Strand des Landes, jüngst hat Tripadvisor ihn sogar zum schönsten der Welt gekürt. Als mahnender Finger aus Vulkangestein erhebt sich tiefschwarz der Morro do Pico 323 Meter in die Höhe. Nebenan bietet die Bucht Baía dos Porcos eine weitere Postkartenansicht. Im Ort Vila dos Remédios altern mit Fort und Kirche Relikte aus der Kolonialzeit. Die meisten Besucher zieht es aber an den Ozean, zum Schnorcheln, Tauchen oder Surfen. In der Baía do Sueste vermessen Mitarbeiter der Naturschutzorganisation Tamar Meeresschildkröten - die Ökotouristen können dabei zusehen und mit etwas Glück sogar selbst Hand anlegen. Wenn sie denn ihren Müll brav trennen: Sage und schreibe sechs Behälter stehen zur Auswahl; alles wird zurück ans Festland verschifft.

Das Fischen ist komplett verboten

„Die Natur ist hier so gut geschützt wie in keiner anderen Region Brasiliens“, sagt Carina Abreu von der staatlichen Naturschutzbehörde Ibama. Zwei Drittel der Hauptinsel und ein Großteil des den Archipel umgebenden Meeres wurden vor etwa 25 Jahren als Nationalpark ausgewiesen. Hier sind die Regeln besonders strikt: Das Fischen ist komplett verboten, der Zugang reglementiert. „In die Baia de Golfinhos, wo sich jeden Morgen viele Hundert Spinnerdelfine von der nächtlichen Jagd erholen, darf niemand hinein“, sagt die Naturschützerin. Andere Buchten können nur mit einem Guide besucht werden.

Die Strände der Meeresschildkröten werden nachts gesperrt, damit niemand die Tiere stört. Wer am Praia Atalaia in einem Felsenpool schnorcheln will, muss sich anmelden: Nur Auserwählte dürfen in die natürlichen Badewannen, in denen sich Riffhaie tummeln. Sonnencreme ist tabu - damit Korallen und Schwämme überleben. Den Rest der Insel kontrolliert ein Managementplan: Wo der Nationalpark endet, beginnt ein Naturschutzgebiet, erklärt Carina Abreu. Zuzug ist kaum möglich: Nur wer einen Inselbewohner heiratet, bekommt eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis. Genehmigungen für neue Pensionen werden nicht mehr erteilt.

Die Zahl der Touristen ist per Dekret auf 246 pro Tag begrenzt. Im vergangenen Jahr kamen deswegen nur rund 64 000 Besucher. Alle müssen eine Umweltsteuer von knapp 15 Euro pro Tag für die ersten zehn Tage bezahlen, danach wird es deutlich teurer. Der Eintritt in den Nationalpark kostet noch einmal extra. Restaurants und Pensionen (Hotels gibt es keine auf der Insel) langen auch kräftig zu, so dass sich nur wenige Brasilianer diese Reise leisten können. Nicht wohlhabende Ökotouristen, sondern die Bewohner der Insel haben indes einst das grüne Juwel vor der Zerstörung gerettet. „In den 1980er Jahren wollte die Militärregierung Fernando de Noronha in ein zweites Cancún verwandeln“, berichtet Domício Cordeiro, ein Alteingesessener. „Geplant waren eine Marina, ein Terminal für Kreuzfahrtschiffe und Resorts für Millionen von Touristen.“

„Laut Statistik leben hier 3500 Einwohner. In Wahrheit sind es wohl gut dreimal so viele“

Als Fernando de Noronha später vom Staat Pernambuco verwaltet wurde, wollten Politiker vom Festland ein Kasino auf der Insel ansiedeln. Die Inselbewohner protestierten. „Natürlich sind wir jetzt mehr fremdbestimmt als früher“, sagt Domício Cordeiro. „Aber nur so konnten wir das Schlimmste verhindern.“ Als Paradies würde der pensionierte Agrarwissenschaftler seine Insel indes nicht mehr bezeichnen. Die wachsende Popularität sorgt für Probleme: „Laut Statistik leben hier 3500 Einwohner. In Wahrheit sind es wohl gut dreimal so viele.“ Die Meerwasserentsalzungsanlage und die Kläranlage sind inzwischen zu klein - auch, weil Dutzende von Pensionen illegal operieren.

Ein überarbeiteter Managementplan soll nun wieder die Balance finden zwischen Naturschutz und wirtschaftlicher Entwicklung. Den Kampf gegen den Massentourismus haben die Insulaner aber gewonnen: „Seit Fernando de Noronha von der Unesco zum Welterbe erklärt worden ist, wird am Status des Archipels nicht mehr gerüttelt.“

So wird das Wetter in Brasilien

Infos zu Fernando de Noronha

Anreise
Condor ( www.condor.com ) fliegt nonstop ab Frankfurt nach Recife, Anschlussflug mit Trip ( www.voetrip.com.br ) nach Fernando de Noronha. Eine etwas teurere Alternative sind der Flug mit TAP ( www.flytap.com ) nach São Paulo und der Weiterflug mit Gol ( www.voegol.com.br ).

Vor Ort müssen eine Umweltsteuer (etwa 15 Euro pro Tag) und der Eintritt in den Nationalpark (etwa 50 Euro) entrichtet werden.

Unterkunft
Die Pensionen („Pousadas“) auf Fernando de Noronha werden nicht mit Sternen, sondern mit Delfinen klassifiziert. Ein paar Zimmer mit Familienanschluss bietet die Pousada Sítio do Dodó (ab etwa 100 Euro, www.pousadasitiododo.com.br ).

Für seine gastronomische Extravaganz berühmt ist die Pousada Zé Maria (ab etwa 230 Euro, www.pousadazemaria.com.br ).

Die luxuriösesten Chalets bietet die Pousada Maravilha (ab etwa 550 Euro, www.pousadamaravilha.com.br ).

Reisezeit
In der Nebensaison von April bis August muss mit Regenschauern gerechnet werden, dafür kommen weniger Touristen. In der Hauptsaison von September bis März steigen die Preise. Über Weihnachten und Silvester sind die Flüge und Pousadas bereits Monate im Voraus ausgebucht.

Allgemeine Informationen
Die Seiten www.noronha.pe.gov.br und www.parnanoronha.com.br bieten einen ersten Überblick über die Insel und listen offizielle Unterkünfte auf. Viele Details und touristische Infos gibt es auf Deutsch unter www.fernando-de-noronha.info .

Tipps zu Brasilien und für die Planung einer Reise gibt es unter www.visitbrasil.com und www.brasilien.de .