Der Hafen ist die Lebensader von Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas. Für viele Touristen ist sie Ausgangspunkt für Ausflüge in den artenreichen Urwald, der die Stadt umgibt. Foto: Juhran

Ein Drittel der Süßwasserreserven fließt durch den Amazonas und seine zahlreichen Nebenströme. Für Europäer ist es eine völlig andere Welt.

Manaus - Ist Brasilien ein reiches Land? Erich Pabst wiegt den Kopf nachdenklich hin und her. „Ja und nein. Der wahre Reichtum ist die einzigartige Artenvielfalt“, sagt der gebürtige Bad Kissinger. Millionen von Insektenarten, 1670 Vogel- und 420 Säugetierarten habe man gezählt. Und über 3700 Baumarten. „Es ist nicht einfach, in wenigen Tagen ein Bild dieser riesigen und sehr komplexen Region zu vermitteln“, sagt Erich Pabst, der als Reiseleiter tätig ist.

Doch er versucht es. Noch am selben Abend geht es zu einer Erkundungsfahrt auf den Ariau, einen Nebenfluss des gewaltigen Rio Negro. Der hier geborene Joao leuchtet mit dem Scheinwerfer die Uferregion ab, stoppt unvermittelt und fördert aus dem dunklen Wasser einen kleinen Kaiman zutage. Das nährstoffarme Wasser des Rio Negro lässt nur wenig Leben zu, aber selbst die begrenzte Anzahl von Fischen und Vögeln sichert den Kaimanen eine ausreichende Lebensgrundlage. Am nächsten Tag kämpft sich das Boot durch überschwemmte Wälder, vorbei an Schwimmwiesen aus Wasserhyazinthen und Wassersalat.

„Noch liegt der Pegel zehn Meter über normal“, lässt Erich seine Gäste wissen. Aufgrund des flachen Bodenreliefs breiten sich daher die Flüsse über ein riesiges Überschwemmungsgebiet aus, so dass über Dutzende Kilometer nichts als Wasser und Baumkronen zu sehen sind. Joao hat inzwischen auf einem Ast ein Faultier ausgemacht. Jeder im Boot bekommt den trägen pelzigen Gesellen vor die Linse, der täglich etwa 20 Stunden schläft. Weiter geht es auf dem von dichtem Grün eingesäumten Ariau. Bunte Blattläufer gackern aufgeregt, Papageien, Aras und Tukane neigen neugierig ihre Köpfe. Ab und an tauchen kleine Totenkopfäffchen auf, um kurz darauf wieder im dichten Blätterwald zu verschwinden. Im Wasser zeigen sich die ersten Botos. Die Delfine, die sich über Millionen Jahre an das Süßwasser angepasst haben.

Die Fische als Lockmittel sind inklusive

Für den hier lebenden David sind die zutraulichen Gesellen ein Glücksfall. Anderthalb Jahre fütterte er sie in der Bucht von Acajotuba an, bevor er seine Ersparnisse in eine schwimmende Basis für Touristen investierte, mit der er jetzt die Familienkasse aufbessert. Jeder Besucher bekommt eine Schwimmweste um die Brust geschnallt, so dass er sich unbekümmert dem Spiel mit den etwa 2,5 Meter langen, rosafarbenen Delfinen widmen kann. Die Fische als Lockmittel sind inklusive. Es dauert nicht lange, bis die auf dem Wasser treibenden Dompteure auf Zeit von Botos umringt sind, die nach den Fischen schnappen, sich auch streicheln lassen und erst wieder abtauchen, nachdem der letzte Lockhappen verfüttert ist. Einen kleinen Eindruck von der einzigartigen Artenvielfalt vermitteln Erich Pabst und Joao auf einer Wanderung durch den Regenwald, der sich in eine Riesenapotheke verwandelt. Cumarú-Samen beenden Durchfall, Amapá-Borke hilft gegen Magenbeschwerden, und das Chinin des Caferana stoppt Malaria.

Ab und an kreuzen Schlangen den Weg, Joao zaubert aus einem Loch mit einem Stöckchen Riesenameisen, die größer sind als die benachbarten Minifrösche. Welch eine wundersame Welt, in der in fast jedem Baum, an dem wir Europäer achtlos vorübergehen würden, ein Elixier zu stecken scheint. Eine Großfamilie der Sateré-Maués- Indios hat in der Nähe der Jungle-Lodge den Tourismus als Einnahmequelle für sich entdeckt. Geduldig führen sie Gäste durch ihren kleinen Weiler, erklären und verkaufen organische Medizin aus dem Regenwald, zeigen einen Basthandschuh, in den sie riesige Ameisen einbinden und zehnjährigen Jungen zur Stärkung der Abwehrkräfte überstülpen. Insgesamt leben heute noch um die 200 Indiovölker im Einzugsgebiet des Amazonas. Manche versuchen sich, so gut es geht, mit den Verhältnissen zu arrangieren, andere wehren sich vehement gegen Goldgräber, Ölgesellschaften und Holzkonzerne.

Das Boi-Bumbá feiert man seit 100 Jahren

Trotz der für europäische Standards äußerst bescheidenen Lebensverhältnisse der anwohnenden Bevölkerung findet am Amazonas eines der opulentesten Folklorefestivals Brasiliens statt. In Parintins, der mit 100 000 Einwohnern zweitgrößten Stadt des Bundesstaates Amazonas, feiert man seit 100 Jahren jeweils in der letzten Juniwoche das Fest des Ochsen, das Boi-Bumbá. Tausende Trommler, Tänzer, Musiker, Sänger und Schauspieler, getrennt in ein rotes und ein blaues Lager, wetteifern drei Abende lang um die beste Show im 20 000 Besucher fassenden Bumbódromo-Stadion.

Bei immer wieder wechselnden gigantischen Bühnenbildern entfalten Hundertschaften von Mitwirkenden ein unvergleichliches Feuerwerk aus Tanz und Musik. Mit jeder Szene werden die Kostüme glanzvoller, die Tänzerinnen schöner. Die Aufführung wartet mit Dimensionen auf, die dem berühmten Karneval in Rio in nichts nachstehen. Was für eine Energie und Lebensfreude in einer Region, in der das Ringen ums Überleben täglich neu beginnt, Poesie und Dramatik der Natur immer wieder ein neues Wechselspiel eingehen.

So wird das Reisewetter in Brasilien

Infos zum Amazonas

Anreise
Die portugiesische Fluggesellschaft TAP bietet täglich Flüge nach Rio und Salvador an, www.flytap.com . Von dort aus geht es dann weiter mit der brasilianischen Fluggesellschaft TAM, www.tam.com.br .

Tipp: Bei einigen Zubringerflügen, z. B. aus Berlin, spendiert TAP eine Übernachtung in Lissabon.

Unterkunft
Die Juma Amazon Lodge eignet sich sehr gut als Ausgangspunkt für Amazonas-Touren, Bungalow für zwei Personen ab 200 Euro pro Nacht, www.jumalodge.com

Festival in Parintins
Einmal im Jahr - immer in der letzten Juniwoche - findet in der kleinen Stadt Parintins am Amazonas ein farbenfrohes Folklorefestival statt. Im Mittelpunkt des Schauspiels stehen zwei riesige Stiere aus Pappmaché. Eintrittskarten sind sehr begehrt, man muss zeitig buchen, www.boibumba.com

Allgemeine Informationen
Derzeit unterhält Brasilien kein Büro des Fremdenverkehrsamtes in Deutschland. Die Adresse in Brasilien lautet: Brazilian Tourist Board, SCN Quadra 02 Bl. G, Brasilia, www.embratur.gov.br