Eine brennende Kerze hat 80 000 Euro Schaden angerichtet. Foto: Werner Kuhnle

Vor dem Landgericht Heilbronn wurde der Prozess um die Brandstiftung in Benningen fortgesetzt. Die große Frage: ist der des versuchten Mordes angeklagte 53-Jährige voll schuldfähig?

Zum Ende der Beweisaufnahme gab der psychiatrische Gutachter im Verfahren um versuchten Mord nach einer Brandstiftung in Benningen seine – nicht eindeutigen – Untersuchungsergebnisse bekannt. Mehr als 20 Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken weist die seit 30 Jahren andauernde Krankengeschichte des Angeklagten aus Benningen inzwischen auf. „Ich habe wirklich viel über diesen Fall nachgedacht“, sagte der Psychiater Thomas Heinrich aus Weinsberg vor dem Landgericht Heilbronn und nannte ihn ein „schwer zu fassendes Zustandsbild“. Er sieht die psychischen Krankheiten des 53-Jährigen als nicht so schwerwiegend an, dass dieser keinerlei Einsicht in seine Schuldfähigkeit hätte haben können. Er sieht deswegen auch keine Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung.

Laut Anklage war der 53-Jährige verärgert, dass ihn seine Vermieterin nicht vorzeitig aus dem Mietverhältnis entließ. Mit dem Brand habe er die Unterkunft unbewohnbar machen wollen. Die Ein-Zimmer-Wohnung ist bis heute nicht nutzbar und es entstand ein Sachschaden von mehr als 80 000 Euro.

20 000 Euro gestohlen

Der Angeklagte bestreitet dies: Er habe eine Kerze versehentlich angelassen. Sein Ziel war es, nach einem Besuch in Berlin bei einer früheren Freundin zu seinem Geburtsort in der Türkei zu fahren und dort seinem Leben ein Ende zu setzen. In der Wohnung seiner neuen Freundin in Schorndorf hatte er zuvor einen Abschiedsbrief hinterlassen und ihr 20 000 Euro gestohlen.

Dem Gutachter zufolge leidet der Mann an einer bipolaren affektiven Störung, bei der depressive und manische Phasen, die von aggressivem, überschießendem Verhalten gekennzeichnet sind, vorkommen. Die Krankheit ist nicht zu heilen, mit Medikamenten jedoch kontrollierbar. Allerdings ist der Vater zweier Kinder dem Psychiater zufolge leicht kränkbar und sensibel, ohne an einer Persönlichkeitsstörung zu leiden.

Gewisse Schuldunfähigkeit?

Heinrich sieht bei dem Mann zum Zeitpunkt der Tat eher „eine gemischte Episode, also keine eindeutige Depression, aber auch keine schwere manische Phase“. „Wenn ich schwer depressiv bin, fahre ich nicht los nach Berlin und habe dort mit einer Freundin Sex im Auto“, so Heinrich, „dass ich eine Kerze aufstelle und gehe, hat nichts mit Suizidalität zu tun, und einen Abschiedsbrief schreiben ist das Gegenteil von manisch, aber auch nicht schwer depressiv.“ Der Experte wollte aber nicht ausschließen, dass gewisse Schuldunfähigkeit vorhanden waren.