Boris Palmer erfährt Gegenwind mit seinem Vorschlag zum Energiesparen. Foto: /Eibner-Pressefoto

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer schaltet in seiner Stadt nachts die Lichter aus, um Energie zu sparen. Nun fordert er von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in einem Brief, sich dabei über geltendes Recht hinwegsetzen zu dürfen.

„Jede eingesparte Kilowattstunde hilft“ – mit dieser Botschaft hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schon früh in der Energiekrise die deutsche Bevölkerung um Mithilfe beim Energiesparen gebeten. Einer nimmt das nun besonders wörtlich – und das ist kein Geringerer als der umstrittene Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der immer wieder mit unorthodoxen Vorschlägen für Aufsehen sorgt. Man erinnert sich an seine Aussage zur Corona-Politik: „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären.“

 

Verkehrsminister Hermann: „Palmer trägt die Verantwortung“

Nun geht es ums Energiesparen. Palmer dreht schon jetzt nachts für einige Stunden den Straßenlaternen in Tübingen den Saft ab, droht dabei aber, gegen geltendes Recht zu verstoßen. Deshalb erfährt Palmer trotz der guten Absicht Gegenwind: Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und das Regierungspräsidium Tübingen haben den OB laut dem Magazin „Der Spiegel“ darauf hingewiesen, sich an die rechtlichen Vorgaben zu halten. Das Problem seien die Zebrastreifen, die aus Sicherheitsgründen nachts nicht unbeleuchtet sein dürften – so schreibt es die Straßenverkehrsordnung vor.

Von Hermann heißt es in dem Bericht zwar, es sei gut, „wenn Städte und Gemeinden rechtskonforme Wege zum Einsparen von Energie über die Straßenbeleuchtung nutzen“, doch für diese Maßnahme trage Palmer die Verantwortung.

Palmer schreibt von „veralteten Vorschriften“

Der Tübinger Rathauschef zeigt wenig Verständnis für die Kritik und hat sich deshalb mit einem Brandbrief direkt an den Stromspar-Prediger Robert Habeck gewandt: „Ich bin gerne bereit, die Verantwortung für nächtlich unbeleuchtete Zebrastreifen zu übernehmen, weil ich weiß, dass das reale Risiko dieser Entscheidung gegen null geht und die Menschen genug Eigenverantwortung tragen können, um sich nachts umzusehen, bevor sie über die Straße gehen“, schreibt Palmer in dem Brief, den er auf Facebook veröffentlichte und über den „Der Spiegel“ zuerst berichtete.

Nur die Zebrastreifen beleuchtet zu lassen, sei laut dem Tübinger OB technisch nicht möglich. Palmer spricht von „veralteten Vorschriften“, die auch den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Digitalisierung ausgebremst hätten. Nun fordert er von Habeck die Erlaubnis, sich über diese Richtlinie hinwegsetzen zu dürfen. Auf Nachfrage unserer Redaktion sagt Palmer: „Die entsprechende Energiesparverordnung könnte ergänzt werden. Der Minister kann Klarheit schaffen.“

Doch fürchtet der Tübinger Rathauschef bis dahin keine Konsequenzen, sollte es beispielsweise zu einem Unfall kommen an einem unbeleuchteten Zebrastreifen? „Die typisch deutsche Diskussion, was passiert, wenn sich ein Restrisiko realisiert, treibt unser Land in die völlige Lähmung“, sagt Palmer dazu. Und weiter: „Ich bin überzeugt, dass Menschen, die nachts um drei über die Straßen gehen, gar nicht zum Zebrastreifen laufen und die Hand ausstrecken, um ein Auto anzuhalten, sondern einfach rüber laufen, wenn grad frei ist. Also ist diese Frage einfach nicht relevant.“