Vincent Feigenbutz (rechts) und Trainer Zoltan Lunka sind keine Männer der Bescheidenheit. Foto: Pressefoto Baumann

Boxer Vincent Feigenbutz aus Karlsruhe will wieder angreifen und sich am Samstag für einen WM-Kampf empfehlen. Das „Großmaul aus Mittelbaden“ gibt sich vor dem Kampf in Ludwigsburg ungewöhnlich kleinlaut.

Ludwigsburg - Waren das noch Zeiten, als Rainer Gottwald, ein zwei Meter großer ehemaliger deutscher Meister im Kickboxen, in der Karlsruher DM-Arena beharrlich seine Sonnenbrille aufließ – und das, obwohl der Uhrzeiger unaufhaltsam Richtung Mitternacht strebte. Mit gespreizten Fingern dirigierte Gottwald das Boxpublikum von Reihe eins aus, während sein Schützling, Deutschlands neuer „K.-o.-Prinz“, seiner Arbeit im Ring nachging.

Das war im Oktober 2015, zum Finale einer Zeit, in der der Manager Gottwald und sein Schützling, der Supermittelgewichtler Vincent Feigenbutz, wenig ausliesen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Mit starken Sprüchen („Ich denke mal, ich haue den Abraham um“) und einer beeindruckenden Knockout-Serie von 18 vorzeitigen Erfolgen, zog der damals 19 Jahre junge Feigenbutz lärmend mit seiner Entourage durch Box-Deutschland. „Ich habe vor niemandem Angst“, tönte der Boxer – und tatsächlich wurde die Branche immer hellhöriger, weil „Prince Vince“ abseits seiner Lehre als Feinwerkmechaniker bei den Stadtwerken Karlsruhe im Seilgeviert von Erfolg zu Erfolg eilte.

Feigenbutz – das Großmaul aus Mittelbaden

Also sprang auch Deutschlands größter Stall, die Hamburger Sauerland Box-Event, schnell auf den vermeintlichen Erfolgszug auf. Schließlich wollte der Manager Kalle Sauerland dabei sein, sollte dieser Vincent Feigenbutz, das Großmaul aus Mittelbaden, der vermeintliche Ali vom Rhein, auch auf internationaler Bühne durchstarten. So setzte Sauerland damals bereits seinen Erfolgstrainer Ulli Wegner als Zuschauer an den Feigenbutz-Ring. Man könne sich ja mal beschnuppern. Zwar fehlte es dem jungen Himmelsstürmer, der bereits mit 16 Jahren Profi wurde, ohne Amateurschule augenscheinlich an Technik. Dafür verfügte dieser ungehobelte Frischling aber über gewaltige Schlagkraft. Noch als Teenager hatte sich der K.-o.-Prinz bereits den Gürtel des Interims-Weltmeisters der World Boxing Association (WBA) geholt.

An diesem Samstag (22.30 Uhr/Sport 1) gibt Vincent Feigenbutz in der Ludwigsburger MHP-Arena wieder eine Kostprobe seines Könnens ab. Gegner des inzwischen 22-Jährigen ist der Südafrikaner Ryno Liebenberg. „Wir versprechen dem Publikum nicht weniger als eine Boxschlacht“, sagt der Manager Gottwald gewohnt vollmundig. Das darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass man im Feigenbutz-Lager inzwischen meist dezentere Töne anschlägt als vor zweieinhalb Jahren. „Vieles sehe ich jetzt mit anderen Augen. In der Boxwelt bin ich ein kleines Licht“, sagt Feigenbutz kleinlaut vor dem Kampf in Ludwigsburg: „Aber eines mit der Hoffnung, einmal ein ganz großes zu werden.“

Immerhin ist das Duo Feigenbutz/Gottwald beim ersten Versuch, sich mit Gebrüll in der Premiumklasse des Profiboxens, etwa auf Augenhöhe mit Arthur Abraham, Felix Sturm oder den alten Helden um Graciano Rocchigiani zu etablieren, kolossal gescheitert. Zunächst ließ sich der Karlsruher Feigenbutz das Duell gegen den Römer Giovanni de Carolis vom Oktober 2015 noch dank des Kampfgerichts als Punktsieg gutschreiben. Und das, obwohl „Prince Vince“ in Runde eins im Ringstaub lag.

Den aufgrund des strittigen Urteils fälligen Rückkampf gegen de Carolis verlor Feigenbutz – doch es sollte noch schlimmer kommen: Der Tiefpunkt war erreicht, als der Boxer mit seinem Trainer und sportlichen Mentor Hans Brenner heftig aneinander geriet. „Wir sind sogar handgreiflich geworden“, verriet Vincent Feigenbutz dem Fachmagazin „Boxsport“.

300 Gramm Heuschrecken verputzt er am Tag

Nun geht es auf leiseren Sohlen wieder aufwärts. Nach drei Aufbaukämpfen knockte Feigenbutz, der sich täglich zwei 150-Gramm-Portionen Protein in Form von Heuschrecken schmecken lässt („Zwei Minuten in Butter geschwenkt, schmecken sie am besten“), den Argentinier Gaston Vega aus. Nun will sich der Normalausleger (27 Siege, 24 Knockouts, zwei Niederlagen) gegen den 32-jährigen Routinier Liebenberg (22 Kämpfe, 5 Niederlagen) für einen WM-Kampf empfehlen. Einen Zwischenerfolg hat Feigenbutz bereits verbuchen können, denn Sauerland hat den Vertrag mit ihm vergangenen Herbst verlängert.

„In Vincent steckt so viel unangetastetes Potenzial. Wenn wir nur die Hälfte davon freilegen, ist er schon in drei Jahren unschlagbar“, sagt Bundestrainer Valentin Silaghi, der Feigenbutz zwischenzeitlich mit betreute. Seit Januar hört er allerdings auf die Kommandos seines neuen Trainer Zoltan Lunka, einem ehemaligen Amateur-Weltmeister. „In den USA wäre ich schon weiter, denn da schätzt man die ehrlichen Typen“, sagt Feigenbutz: „Aber so beiße ich mir halt ab und zu auf die Zunge.“