Manfred Lucha und sein grüner Parteifreund Tayfun Tok schlüpften beim Besuch im Marbacher Jugendhaus in die Rolle von Mutmachern.
Viele junge Menschen blicken angesichts von Klimawandel, Kriegen und Krisen in der Wirtschaft sorgenvoll in die Zukunft. Wie können sie wieder Mut fassen? Eine Podiumsdiskussion im Jugend-Kultur-Haus in Marbach machte Mut. „Ihr habt eine goldene Zukunft,“ so Manfred Lucha, der grüne Landesminister für Soziales, Gesundheit und Integration. Im Gespräch mit seinem Parteifreund Tayfun Tok forderte Lucha allerdings auch die Initiative jedes Einzelnen. Moderiert wurde der Abend von Christina Häußler vom Jugendbeirat der Stadt.
„German Dream: Wie wir Aufstiegsversprechen mit neuem Leben füllen“ – dieses Thema fand Franziska Wunschik, Erste Beigeordnete der Stadt Marbach, ob der positiven Sprache „hervorragend gewählt“. Sie stellte dem Austausch einen weiteren Mutmacher voran. „Sie sind die am besten ausgebildete Generation, die es jemals gab“, sagte sie an die Jugendlichen gerichtet.
Materielle Ängste
Lucha, als 1961 Geborener ein Babyboomer, absolvierte vier verschiedene Ausbildungen. Dennoch habe er zu keinem Zeitpunkt Angst gehabt, nicht irgendwo hinkommen zu können. Anders Tayfun Tok, Jahrgang 1986. Als Sohn einer alleinerziehenden Mutter habe er materielle Ängste erlebt – und dagegen den Leistungsgedanken gesetzt. „Mir war immer wichtig, das Beste aus einer Sache zu machen.“ Tok ging aufs Gymnasium und wurde Lehrer. „Der Aufstieg kam nicht von alleine“, sagt er rückblickend. Er sei auf Menschen getroffen, die ihn ermutigten.
Zurück zu den Jugendlichen von heute, die – so formulierte es Häußler – viele Brüche erlebt haben. „Wie schaffen wir es, dass sie wieder Träume haben? Dass sie anfangen, auch mal andere Weg zu gehen?“ Manfred Lucha machte Mut. Die demografische Entwicklung wirke sich auf den Arbeitsmarkt aus. „Ihr werdet alle eine Arbeit finden.“ In seiner Jugend hätten sich Hunderte auf 30 Plätze beworben. Heute müsse man schon mit dem Lasso losziehen, „damit man von 30 Plätzen wenigstens 29 1/2 besetzen kann.“
Tok stimmte zu: „Ihr habt alle Chancen der Welt“, betonte er. Allerdings sei das Mindset und die Einstellung wichtig. Man müsse an sich glauben. Bei Rückschlägen seien eine zweite oder dritte Chance wichtig. In Deutschland erwarte man allerdings oft einen perfekten Lebenslauf. Dabei sollte es möglich sein, auch einmal zu scheitern.
Lucha nahm soziales Ungleichgewicht in den Blick. Er gehöre der letzten Generation an, in der viele aus Arbeiterhaushalten noch Karriere gemacht hätten. Heute spielten die Herkunft und der Geldbeutel der Eltern wieder eine größere Rolle. Was dagegen zu tun sei? „Wir haben begonnen, Netzwerke gegen Kinderarmut zu knüpfen.“ Tatsächlich gebe es bei solchen Projekten auch schon bessere Bildungsabschlüsse. Man wolle vor allem Chancen zeigen, denn die Gesellschaft heute benötige alle jungen Leute.
Aber wie macht man Lust auf Arbeit? Jungen Menschen müssten stark und belastbar gemacht werden, so die Botschaft der Politiker. Auch wenn das kein gerader Weg sei, lasse die Politik sie nicht allein. Tayfun Tok verwies auf seine persönlichen Erfahrungen auf dem Weg in die Arbeitswelt. Er habe sich zunächst als Außenseiter gefühlt. Richtig angekommen sei er in der deutschen Gesellschaft erst beim Sommermärchen 2006, als er bei der Fußball-WM die deutsche Fahne schwenkte.
Loyalität zur Demokratie stärken
Mit Blick auf sozial Schwächere forderte Tok nachdrücklich: „Wir müssen die Herzen der Jungen erreichen.“ Einig waren sich alle, die Loyalität der jungen Generation zur Demokratie und zur offenen Gesellschaft zu stärken. „Keine Angst vor Vielfalt“, warb Manfred Lucha. Und Tayfun Tok sagte: „Wir müssen bei den Menschen sein, und dafür benötigen wir glaubwürdige Leute.“
Die abschließende Fragerunde des Publikums im Jugendhaus machte deutlich: Patentrezepte gibt es nicht. „Die Potenziale sind da“, machte Lucha Mut und forderte mehr Optimismus. Das Land habe schließlich die besten Voraussetzungen, Schwierigkeiten zu bewältigen.