Zum WBA-Weltmeister nach Punktrichterentscheidung gekürt: Felix Sturm aus Leverkusen. Foto: Getty

Rekord: Boxprofi Felix Sturm erklimmt zum fünften Mal den Thron. Doch anstatt an die ganz großen Namen im Mittel- oder Supermittelgewicht zu denken, spricht der 37 Jahre alte Leverkusener lieber vom Karriereende.

Oberhausen - Der Kampf um den WM-Gürtel des Verbandes WBA im Supermittelgewicht (bis 76,2 kg) war schon lange vorbei, da entbrannte er in den Katakomben der Arena in Oberhausen erneut. Zumindest verbal. Auf der Pressekonferenz ging es genauso hoch her wie in den zwölf Runden zuvor. Das Lager des unterlegenen Russen Fjodor Tschudinow sprach von „Raub“ und „Todesstoß für den Boxsport“. Felix Sturm konnte darüber nur müde lächeln. „Ich habe mich mit zwei Runden vorne gesehen“, tönte der 37 Jahre alte Leverkusener, der als erster deutscher Boxprofi zum fünften Mal Weltmeister wurde – nach einer umstrittenen Punktrichterentscheidung (114:114, 115:113, 115:113). Die Aussage Sturms brachte Tschudinows Trainer Artur Piduriew auf die Palme: „Deutschland ist ein gutes, großes Land, aber es ist nicht das erste Mal, dass ihr den Sport töten wollt. Ihr wollt junge Sportler zu Fall bringen“, schimpfte der Coach und zeigte wie zum Beweis auf seinen auch schon 28-jährigen Schützling.

Das Paradoxe an der Sache ist, dass Felix Sturm sich leicht in die Situation seines Kontrahenten aus Russland versetzen konnte. Sein Stern ging auch erst durch eine Niederlage auf. Am 5. Juni 2004 kämpfte Sturm als 1:12-Außenseiter im MGM-Grand-Hotel in Las Vegas gegen den amtierenden Weltmeister Óscar de la Hoya. Er verlor trotz klarer Überlegenheit gegen die US-Boxlegende. Ebenfalls nach Punkten. Spötter behaupten bis heute, dass dieser Kampf im Mittelgewicht (bis 72,5 kg) Sturms bester gewesen wäre – obwohl noch 22 Kämpfe um die WM-Krone folgen sollten, von denen er vier verlor und dreimal unentschieden boxte.

Denn Sturms Makel ist bis heute, dass er stets den starken Helden seiner Gewichtsklasse aus dem Weg gegangen ist, ob bei seinem früheren Stall Universum oder nun auch als Promoter in eigener Sache. Ein Duell etwa gegen den derzeit besten und ungeschlagenen Mittelgewichtler Gennadi Golowkin (33) kam nie zustande. Der Kasache besiegte in früheren Jahren bei Universum die aufkommenden Boxer, die dem gebürtigen Bosnier in einem WM-Herausforderungskampf hätten gefährlich werden können. „Ich bin wie ein Schutzschild für Sturm“, sagte Golowkin damals.

Doch nicht nur den überragenden Weltmeister (WBA, IBF und IBO) meidet Sturm wie der Teufel das Weihwasser, auch der von vielen geforderte Kampf gegen Champion Arthur Abraham (36) steht immer noch aus. Nicht verwunderlich, dass nach dem Erfolg gegen Tschudinow die Verantwortlichen des TV-Senders Sat 1 – 2,82 Millionen Zuschauer sahen Sturms WM-Fight am Samstag – auf ein Duell gegen Abraham hoffen. Doch daraus wird ziemlich sicher nichts.

Einem Rückkampf gegen Tschudinow würde er noch zu stimmen, meinte Sturm: „Wenn ihr das nötige Geld bezahlen könnt, komme ich gerne nach Moskau“, raunzte er in Richtung des Trainers Artur Piduriew. WBO-Weltmeister Abraham, der am 9. April in Las Vegas gegen den Mexikaner Roberto Ramirez eine Pflichtverteidigung zu absolvieren hat, wird er aber wohl weiter aus dem Weg gehen. Wortwörtlich würde Sturm das zwar nie sagen, doch wer zwischen den Zeilen liest, kann erkennen, dass er auf den Berliner mit armenischen Wurzeln keine Lust hat. „Ob es überhaupt mit meiner Karriere weitergeht, entscheide ich später. Jetzt muss ich erst mal runterkommen“, sagte der umstrittene Weltmeister – und fasste sich dabei in sein durch Blutergüsse und einen Cut stark lädiertes Gesicht.