Für seine Sprüche bekannt: Boxer Vincent Feigenbutz. Foto: dpa

Viele Experten bezweifeln, dass Vincent Feigenbutz (20) schon die Klasse eines Weltmeisters besitzt, doch Fakt ist: Der Karlsruher kann als jüngster deutscher Boxer den WM-Titel gewinnen – und das kommt völlig überraschend.

Offenburg - Es ist im Boxen ja nicht unüblich, dass sich zwei Kämpfer nicht nur einmal im Ring treffen. Erst recht, wenn es ein fragwürdiges Urteil gegeben hat. Der Punktsieg von Vincent Feigenbutz gegen Giovanni De Carolis im Oktober war zwar nicht umstritten, fiel aber auch nicht so deutlich aus, wie es sich der Feinwerkmechaniker-Azubi der Stadtwerke Karlsruhe vorgestellt hatte. Weil sich Feigenbutz zudem im Adrenalinrausch zu einigen hochnäsigen und arroganten Äußerungen hinreißen ließ, bot sein Sauerland-Boxstall dem Italiener eine Revanche an. Mittlerweile lässt sich sagen: Eine bessere Idee hätten die Manager nicht haben können.

Vincent Feigenbutz („Mein Name ist vielleicht nicht schön, aber er ist echt“) gilt als größtes Talent im deutschen Boxsport. Er hat bisher erst einmal verloren und 19 seiner 21 Siege per Knockout geholt, weshalb er vom Boulevard den Spitznamen „K.-o.-König“ verpasst bekam. Er schlug sich in den Ranglisten der vier großen Verbände im Supermittelgewicht (bis 76,2 kg) nach oben durch, die WBA führt ihn sogar schon als Interims-Weltmeister. Noch. Denn an diesem Samstag (22.20 Uhr/Sat.1) kämpft Feigenbutz in Offenburg gegen De Carolis plötzlich um den regulären WM-Titel. Warum? Das ist nur schwer zu durchschauen.

Die WBA will möglichst viele Titelkämpfe

Die World Boxing Association, in Panama beheimatet, ist nicht nur der älteste Verband, sondern auch der geschäftstüchtigste. Die WBA führt in den meisten der insgesamt 17 Gewichtsklassen einen Super-Weltmeister, einen Weltmeister und einen Interims-Weltmeister. Der Grund liegt auf der Hand: Bei jedem WM-Kampf kassiert der Verband eine Lizenzgebühr – drei Prozent der Börse. Je mehr WM-Duelle es gibt, umso mehr Geld fließt in die Kasse. Folglich hat der Verband großes Interesse daran, dass seine Titelträger auch boxen. Tun sie dies nicht, bekommen sie ihre Gürtel wieder abgenommen.

Das passierte im Supermittelgewicht zuerst dem Super-Weltmeister Carl Froch (Großbritannien) und jetzt seinem Nachfolger Andre Ward (USA), der künftig lieber eine Klasse höher im Halbschwergewicht boxen will. Flugs wurde der Russe Fjodor Tschudinow von der WBA vom Weltmeister zum Super-Weltmeister befördert – und Feigenbutz darf um den regulären WM-Titel boxen. Sollte er gewinnen, wäre er zwar vor Graciano Rocchigiani und Felix Sturm (beide 24) jüngster deutscher Champion überhaupt, aber eben auch nur ein Weltmeister unter vielen. Seinem Promoter ist das egal. „Vincent hat ein riesen Kämpferherz. Er kann Geschichte schreiben“, sagt Kalle Sauerland, „und das wird er auch tun.“

Mit dem rasanten Aufstieg kam auch die Überheblichkeit

Ob sich Feigenbutz damit allerdings selbst einen Gefallen tut, ist zumindest fraglich. Er verfügt zwar über eine enorme Schlagkraft, kämpft nach seinem rasanten Aufstieg aber oft auch gegen die eigene Überheblichkeit. „Ich habe einfach das Kämpfer-Gen“, lautet einer seiner Lieblingssätze. Oder auch: „Niemand aus der Weltspitze hat den Mut, gegen mich anzutreten.“ Hinzu kommt, dass sein Umfeld nichts davon hält, das Talent bedächtig zu formen. Manager Rainer Gottwald, ein früherer Deutscher Meister im Kickboxen, befeuert die Karriere des Heißsporns mit aller Macht. „Feigenbutz sollte sich mehr Zeit nehmen“, meinte nach dem ersten Kampf gegen De Carolis der WBO-Weltmeister Arthur Abraham, einer der Wunschgegner des Karlsruhers, „Kämpfe gewinnt man nicht mit dem Mundwerk.“

Eine Botschaft, die jetzt auch bei Feigenbutz angekommen zu sein scheint. „Worte“, sagte er vor dem zweiten Duell gegen De Carolis, „bringen mich nicht weiter.“ Sondern Taten. Ein Sieg noch, dann ist Feigenbutz auf seinem Weg zum WM-Titel bereits am Ziel angekommen. Auch wenn er eigentlich noch gar nicht so weit ist.