Matthias Berg sieht sich als führende Führungskraft: "Meine Methoden sind vielleicht kein Königsweg, aber sie schaffen Bewusstsein." Foto: Max Kovalenko

Matthias Berg hat selbst elf Goldmedaillen gewonnen, jetzt ist er bald in Sotchi im Einsatz: Als Experte bei den Paralympics.

Elf Goldmedaillen bei den Paralympics, musikalisch virtuos mit dem Horn, gefragt als  Coach von Führungskräften – Matthias Bergs Talente sind vielfältig. Der Contergan-geschädigte stellvertretende Landrat von Esslingen kommentiert die Paralympischen Winterspiele in Sotschi ab dem 7. März.
Stuttgart - Herr Berg, Sie halten bis heute den Weltrekord im paralympischen Weitsprung: 6,20 Meter! Bei den Bundesjugendspielen hat das bei uns niemand geschafft. Hatten Sie Hilfsmittel?
Nein. Außer Talent und viel Training.
Als Contergan-Geschädigter haben Sie elf Goldmedaillen bei Paralympics und Weltmeisterschaften eingeheimst. Warum haben Sie 1994 aufgehört?
Es war ein geplanter Ausstieg nach den Paralympics in Lillehammer. Entweder Leistungssport oder Beruf. Ich hatte Jura fertig studiert und war seit 1992 im Beruf. Und da man auch bei paralympischem Leistungssport mehrere Stunden täglich trainieren muss und eher draufzahlt als verdient, war klar, was Priorität hat – wobei ich die Entscheidung nie bereut habe.
Sie mussten sich Ihre Dutzende Goldmedaillen selbst finanzieren?
Ja. Mit Musik.
Nicht Ihr Ernst!
Doch. Ich weiß, es ist nicht üblich, sich den Leistungssport mit Musik zu finanzieren. Aber eine Menge Leute hielten mich wohl für einen talentierten Hornisten, so dass ich als Solist und mit diversen Ensembles durch Europa, die USA, Kanada und Japan tourte, von 1984 bis 1989 als erster Hornist des Jungen Philharmonischen Orchesters Stuttgart.
Heute kennt man Sie vor allem aus dem Sport – allerdings als Kommentator der Paralympischen Spiele, die Sie seit 2000 für das ZDF begleiten.
Kommentator stimmt nicht ganz – ich bin Experte und Co-Moderator. Ich erkläre den Zuschauern, worauf beim Behindertensport zu achten ist. Was das Regelwerk angeht, oder zum Beispiel wie ein Monoski für Rollstuhlfahrer funktioniert. Oder warum blinde Biathleten die Scheiben treffen – auch ohne Maschinengewehr.
Wie geht das?
Es geht, indem das Ohr das Auge ersetzt, also mit einem Infrarotgewehr und Kopfhörer. Je näher der Infrarotstrahl ans Zentrum der Zielscheibe rückt, desto höher der Ton, der aus dem Kopfhörer kommt.