Der Bezirksvorsteher Wolfgang Stierle hat sich im vergangenen Jahr wie der Wetteransager in der bekannten Filmkomödie gefühlt.
Herr Stierle, ein neues Jahr, eine alte Frage, die neu zu stellen ist: Wird die neue Ortsmitte 2012 endlich Realität – oder erleben die Botnanger wieder eine böse Überraschung?
Ich traue mich ja kaum, es zu sagen: Ja, jetzt endlich müsste es das gewesen sein.
Im Dezember 2010 hatte der damalige Investor der neuen Ortsmitte, die Stiftung Nestwerk, Insolvenz angemeldet. Das 23-Millionen-Euro-Projekt auf dem Röck-Areal schien damit wieder gescheitert. Und dann kam die Bürgerversammlung mit OB Wolfgang Schuster im Mai 2011 . . .
. . . bei der die Nachricht verkündet wurde, dass die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft die neue Ortsmitte realisieren wird. Das war sicher ein Wendepunkt. Ein städtisches Tochterunternehmen, dem der Erste Bürgermeister als Aufsichtsrat vorsteht. Da kann ich mir nun wirklich nicht mehr vorstellen, dass noch irgendetwas diese neue Ortsmitte verhindern soll.
Ende dieses Jahres sollen die ersten Bagger anrollen.
Der dafür notwendige Bebauungsplan ging jetzt in die Gremien. Im Frühsommer könnte der Satzungsbeschluss vorliegen. Und die SWSG will dann voraussichtlich Ende dieses Jahres loslegen.
Das zweite große Thema im vergangenen Jahr war der Doppelhaushalt 2012/2013. Wie beurteilen Sie das Ergebnis aus Botnanger Sicht?
Es ist doch recht durchwachsen. Positiv ist, dass der weitere Betrieb des Familien- und Nachbarschaftszentrums gesichert ist. Was die geplante Skating- beziehungsweise Jugend-Anlage an der Beethovenstraße betrifft, so gibt es keine zusätzlichen Haushaltsmittel. Diese kann zwar endlich gebaut werden, jedoch nur mit dem bereits vorhandenen Geld aus 2011. Das reicht gerade mal für einen ersten Bauabschnitt. Mit Blick auf die vielen Spender ist es etwas enttäuschend, dass der Aufstockungsantrag der FDP keine Mehrheit fand.
Ein weiterer Punkt, der besonders viele Eltern bewegt, ist das Thema Kinderbetreuung. Auch diesbezüglich hing einiges vom Haushalt ab.
Auch hier wechseln Licht und Schatten. Das sogenannte Schülerhaus an der Kirchhaldenschule wird umgesetzt. Ob der geplante Schülerladen auf der Robinson-Jugendfarm realisiert werden kann, steht in den Sternen. Dort wird höchstens eine Kindergartenlösung gefördert. Die Kindertagesstätte in der neuen Ortsmitte ist gesichert, für eine weitere geplante Kita an der Himmerreichstraße gibt es vorerst wohl nur Planungsmittel.
Ein für den Stadtbezirk ebenfalls wichtiges Projekt ist der Botnanger Ortsbus, kurz BOB genannt. Das Probejahr ist vorbei, und BOB wird weiterfahren.
Da tut sich gerade einiges. So haben sich einige Ehrenamtliche gemeldet, die sich als Fahrer engagieren möchten. Etwas problematisch ist noch die Frage der Trägerschaft. Dazu muss der Bürgerverein seine Satzung ändern. Entscheidend ist, dass dieser gemeinnützig bleibt. Da gibt es innerhalb des Bürgervereins noch Diskussionen. Es gibt Vorbehalte einzelner Mitglieder. Dass sich in Botnang aber ein eigenständiger Ortsbusverein gründet und auch geführt werden kann, glaube ich nicht, zumal dieser kaum die Gemeinnützigkeitskriterien erfüllen würde.
Dabei ist der Ortsbus an sich doch ein Erfolgsprojekt.
Wir hatten eine Phase, wo wir Bauchschmerzen hatten. Mittlerweile entwickelt sich der BOB richtig gut. Es gibt neue Fahrer, die Sponsorenfront steht, der Gewerbe- und Handelsverein, der Bezirksbeirat und die überwiegende Mehrheit des Bürgervereins unterstützen den Ortsbus. Andere wären froh, wenn sie überhaupt so weit wären, wie wir. Es ist ja vergleichsweise leicht, über juristische Details zu diskutieren. Es war aber für alle Beteiligten und mich ein hartes Brot, den BOB in der Praxis so weit zu bringen. Dafür danke ich an dieser Stelle nochmals ausdrücklich.
Es gab 2011 natürlich auch die kleineren Themen wie die Einweihung des Rollatorwegles oder die Sanierung des Bürgersaals.
Wo fange ich an? Der Bürgersaal ist das leichteste: Der soll laut dem zuständigen Amt definitiv Mitte Februar fertig sein. Es hat sich gezeigt, dass die Vergangenheit als Fabrikgebäude doch einige Arbeit mehr als vorgesehen in punkto aktueller Brandschutz nach sich zog. Das Rollatorwegle am Karl-Wacker-Heim ist nicht nur für die dortigen Bewohner eine gute Sache. Ich sehe es auch als weiteres Mosaiksteinchen in Sachen demografischer Wandel, ebenso wie den BOB.
Seit August vergangenen Jahres ist auch das ehemalige Flüchtlingsdorf an der Beethovenstraße Geschichte. Die Gebäude sind abgerissen. Das Gelände ist auch immer wieder als Standort für das seit Jahren gewünschte Haus der Jugend im Gespräch.
Es gibt auch dort Bewegung. Bisher gab es die Auskunft, dass ein Neubau wegen eines geforderten Waldabstandes nicht möglich sei. Viele in der Verwaltung sind allerdings wohl davon ausgegangen, dass ein Neubau eins zu eins dort stehen würde, wo bisher das Flüchtlingsdorf stand. Das muss ja aber nicht so sein. Vorstellbar ist auch ein Gebäude, das weit genug entfernt vom Wald liegt, zum Beispiel in der Flucht der dortigen Tennishalle. Da muss man nun die weiteren Gespräche und Verhandlungen abwarten.
Damit sind wir auch schon beim Blick in die Zukunft. Was bringt das neue Jahr für den Stadtbezirk Botnang?
Es müsste, wie schon gesagt, mit der Ortsmitte weitergehen. Da hängt eine Menge dran. Gerade in der Ortsmitte haben wir viele planerische Baustellen. Ich gehe da von einem Dominoeffekt aus, Stichwort Marktplatz oder Franz-Schubert-Straße/Alte Stuttgarter Straße. Dann brauchen wir bei der Frage der Trägerschaft für den Ortsbus eine Entscheidung. Das Thema Kinderbetreuung geht in die Umsetzungsphase, und das Thema Haus der Jugend muss langsam mit Blick auf einen künftigen Doppelhaushalt in die Vertiefungsphase gehen. Zudem steht die Sportplatzumgestaltung der SKG auf dem Plan.
Das Gespräch führte Thorsten Hettel.