Rolf Bulander, Chef der Kfz-Sparte von Bosch Foto: dpa

Ein Auto, das selbst eine Parklücke sucht oder zu Hause schon mal die Heizung anschaltet – Bosch investiert in die Entwicklung solcher Dienste und beschäftigt schon rund 15.000 Software-Experten.

Stuttgart – Das Internet im Auto und die wachsende Elektromobilität eröffnen dem Autozulieferer Bosch Geschäftsmöglichkeiten mit neuen Kundengruppen. So wolle der Konzern digitale Dienste an Leasingfirmen zur automatischen Fahrzeugwartung oder an Städte zur Parkraumsteuerung verkaufen, sagte der Chef der Kfz-Sparte von Bosch, Rolf Bulander, der Nachrichtenagentur Reuters.

Zur bisherigen Produktpalette komme deshalb das Feld Services hinzu. „Wir werden unser automobiles Kerngeschäft ausweiten - um mehr Software- und Servicelösungen.“ Die Schwaben sehen sich dafür gut aufgestellt wegen ihres breiten Geschäftsfeldes, das auch Energietechnik in Gebäuden und Haushaltsgeräte umfasst. „So können wir Domänen vernetzen, zum Beispiel das Navigationssystem im Auto mit der Heizung im Smart Home bis hin zur vernetzten Stadt“, erklärte Bulander.

Die Suche nach der raren Parklücke im Wohngebiet oder per Smartphone ein Auto leihen und Eintrittskarten kaufen mit wenigen Klicks - Bosch investiert in die Entwicklung solcher Dienste und beschäftigt schon rund 15.000 Software-Experten. Die Ausbreitung von digitalen Services im Fahrzeug wird die Autoindustrie nach Ansicht Bulanders aufmischen. So erwartet er Übernahmen und Kooperationen in großem Umfang. Der Kauf des Kartendienstes Nokia Here durch die drei Autobauer Daimler, BMW und die Volkswagen-Tochter Audi ist dafür ein Beispiel. Der Stiftungskonzern Bosch sieht sich nicht unter Akquisitionsdruck, hält aber die Augen offen. „Wenn wir eine Lücke im Portfolio haben, versuchen wir, sie zu füllen, auch durch Zukäufe“, sagte Bulander.

Bosch setzt auf E-Mobilität

Auch die wachsende Elektromobilität erweitert laut Bulander das Kundenpotenzial von Bosch. Nach einer langsamen Anlaufphase in diesem Jahrzehnt wird der Verkauf von Autos mit Batterieantrieb in der kommenden Dekade nach Prognose von Bosch Fahrt aufnehmen. Bis 2020 rechnet der Hersteller von Komponenten für alternative Antriebe bei einer weltweiten Jahresproduktion von 112 Millionen Fahrzeugen mit 13 Millionen Wagen mit elektrischem Antrieb - also rein elektrisch fahrenden Autos und Hybriden, der Kombination von Sprit- und Strombetriebenen. Das wäre ein Anteil von knapp zwölf Prozent. Bis 2025 könnte der Anteil nach Kalkulation von Bosch auf knapp 17 Prozent steigen, das wären 21 Millionen Stromer von insgesamt 125 Millionen Autos. “Damit ist Bosch eher unter den progressiv Denkenden“, sagte Bulander.

Derzeit sind Elektroautos noch kaum gefragt, weil sie wegen der Batteriekosten deutlich teurer sind als Autos mit Verbrennungsmotor. Auch ist die Reichweite der reinen Elektroautos mit deutlich unter 200 Kilometern noch gering. Bosch hat sich vorgenommen, bis 2020 die Reichweite zu verdoppeln bei halb so hohen Kosten. „Ist der technologische Durchbruch da, werden wir natürlich auch über eine Zellfertigung nachdenken“, bekräftigte Bulander. In zwei bis drei Jahren werde Bosch über den Produktionsaufbau entscheiden. Die Elektromobilität erleichtert nach Einschätzung von Bulander Konkurrenten der traditionellen Autokonzerne den Marktzugang, denn Elektromotoren sind nicht so kompliziert wie Verbrennungsmotoren. „Anders als beim Verbrenner fehlen ihnen hier nicht 100 Jahre Erfahrung und die damit verbundene Kompetenz, über die andere Hersteller ja verfügen“, erklärte er. Bosch kann es nur recht sein, wenn seine Kundschaft etwa um den Internetriesen Google mit einem selbst fahrenden Auto oder den US-Elektroauto-Pionier Tesla wächst. „Für uns sind neue Marktteilnehmer genauso Kunden wie die bekannten Autohersteller“, betonte Bulander.