Buttons und Plakate prangern eine Unternehmenspolitik an, die „unten abbaut und oben kassiert“. Foto: Eva Herschmann

Vor dem Sitz von Bosch Rexroth in der Fellbacher Steinbeissstraße protestieren Mitarbeiter und Gewerkschafter gegen die geplante Schließung.

Fellbach - Die Solidarität mit den Fellbachern ist groß. Zur Protestkundgebung vor der Niederlassung von Bosch Rexroth in der Steinbeissstraße kamen am Montagvormittag viele Busse vorgefahren. Die Kollegen – die Organisatoren sprechen von 700 Teilnehmern – kamen aus Lohr und Ober-Ramstadt, diese Standorte sind ebenfalls bedroht, aber auch aus Nürnberg und Homburg sowie von Bosch aus Feuerbach. Selbst von Daimler in Untertürkheim waren einige Unterstützer gekommen, um ihren Unmut über die geplante Schließung und den Verlust von 100 Arbeitsplätzen, darunter auch 20 inklusive, lautstark Ausdruck zu verleihen.

Der Standort soll zum 31. Dezember geschlossen werden

„Kein Rextoth in Fellbach“ stand auf den Buttons, und Plakate prangerten eine Unternehmenspolitik an, die „unten abbaut und oben kassiert“. Für Bahri Isik, den Betriebsratsvorsitzenden in Fellbach, war es „wie ein Faustschlag ins Gesicht“, als ihm die Unternehmensführung am 1. Februar mitteilte, dass der Standort zum 31. Dezember geschlossen wird. „Eine Woche davor haben wir noch darüber gesprochen, wie wir mit Überstunden und Leiharbeit unseren Auftragsbestand abbauen.“ Im vergangenen Jahr hätten die Fellbacher Mitarbeiter von Bosch Rexroth an 36 Samstagen freiwillig gearbeitet. „So eiskalt wie das Aus jetzt verkündet wurde, darf bei einem Unternehmen wie Bosch nicht vorkommen.“ Von der Aussage, dass von den 100 Mitarbeitern in Fellbach 60 bis 70 an anderen Standorten im Großraum Stuttgart unterkommen sollen, sei mittlerweile keine Rede mehr. „Jetzt heißt es, ab September sind betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen.“ Doch sie seien nicht bereit, ihren Standort aufzugeben. „Die Chefs sagen, wir müssten es global sehen, aber wie sollen wir das tun, wenn die Kinder daheim etwas zu essen haben wollen.“

Sandra Kocken, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Waiblingen, kam direkt von der dritten Gesprächsrunde mit den Verantwortlichen von Bosch Rexroth zur Kundgebung. Die Schließung werde damit begründet, dass das Unternehmen weltweit Menschen in der Produktion abbauen wolle, sagte sie. „Zum anderen behauptet die Geschäftsführung, dass 330 Millionen Euro Umsatz fehlen und laut ihren Angaben 100 Millionen Gewinn.“ Dies habe aber rein gar nichts mit dem Standort Fellbach zu tun. Das habe die Geschäftsführung auch bestätigt. „Sie sagen, die Kollegen hier machen einen guten Job, und der Standort macht Gewinn. Das macht die Schließung so vollkommen unsinnig und nicht nachvollziehbar.“ Dennoch wolle man den Großteil der Produkte in das Billiglohnland Rumänien verlegen, wo es riesige Hallen gebe, aber keine Facharbeiter. „Und dafür gibt es nur einen Grund: Die Gier nach immer mehr Gewinn.“

Thema der Demo: Der Ausverkauf deutscher Arbeitsplätze muss ein Ende haben

Der Ausverkauf deutscher Arbeitsplätze müsse ein Ende haben, zumal eine Schließung des Fellbacher Standorts gerade mal fünf Millionen Euro Einsparungen im Jahr bringe, laut den Zahlen der Geschäftsführung, sagte Sandra Kocken. „Auf unseren Hinweis, dass dies wohl nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, erklärten sie uns ausführlich, wie wichtig die Schließung für Bosch Rexroth ist.“ Sie werde den Eindruck nicht los, dass Fellbach das Opferlamm darstelle, damit die Bosch-Zentrale in Stuttgart weiterhin die Füße stillhalte. Zudem gebe es Informationen, dass Aufträge bereits umgesteuert würden, obwohl eine Vereinbarung existierte, die Verlagerung erst umzusetzen, wenn alles ausgehandelt ist. „Jetzt ist die Arbeitsmotivation natürlich am Boden, und die Not wohl so groß, dass leitende Angestellte aus Lohr am Main tageweise hier in Fellbach montieren.“ Es sei für das Management völlig überraschend, dass diese Schließung nicht einfach hingenommen werde, sagte die Gewerkschaftssekretärin und forderte die Geschäftsführung auf, sich mit der IG Metall und der Belegschaft über ein Alternativkonzept Gedanken zu machen: „Und zwar mit dem Respekt, den sich die Belegschaft im Laufe der Jahrzehnte verdient hat.“

Perspektiven für den Fellbacher Standort werden gefordert

Auch Andrea Fehrmann, Unternehmensbeauftragte der IG Metall für Bosch Rexroth und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, forderte Perspektiven für Fellbach: „Eine mögliche Schließung können Betriebsräte und IG Metall nicht akzeptieren. Es dürfen keine Fakten geschaffen werden, bevor die Alternativen der Arbeitnehmer-Seite nicht geprüft sind , berücksichtigt werden und ergebnisoffen verhandelt werden.“