Die Kindertagesstätte bei Bosch hat einen neuen Träger. Foto: factum/Archiv

Die Kita für Bosch-Kindern, an denen ein ehemaliger Erzieher Kinder sexuell missbraucht haben soll, hat einen neuen Betreiber. Der alte Betreiber schweigt. Einen gleichnamigen Hort hat derweil die Gemeinde übernommen.

Schwieberdingen - Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs an einer privaten Kindertagesstätte in Schwieberdingen hat sich nun deren Betreiber, die Firma „Piccolo Paradiso“ zurückgezogen. Die Kita im Industriegebiet hat seit Anfang Juli einen neuen Träger. Auch die zweite Einrichtung der Piccolo Paradiso GmbH ist unter neuer Regie: Die Gemeinde hat zum 1. August die Kita an der Stuttgarter Straße übernommen.

Den Wechsel in der Bosch-Kita bestätigt der Eigentümer der Immobilie, die Firma Bosch. Der Betreiber habe das selbst vorgeschlagen, sagt die Standortsprecherin Christiane Spindler, man habe die Zusammenarbeit „einvernehmlich“ beendet. „Das Wohl der Kinder ist uns das Wichtigste“, sagt Schindler. Man habe den Wechsel nicht öffentlich kommuniziert, weil man so schnell wie möglich „Normalität und Stabilität“ wieder einkehren lassen wolle. In der Kindertagesstätte werden weiterhin 80 Kinder von Bosch-Mitarbeitern betreut. Viele Abmeldungen habe es aufgrund der Missbrauchsvorwürfe nicht gegeben.

Der Wechsel wurde nach außen nicht kommuniziert

Die Aufarbeitung der Vorwürfe laufe weiter. „Ergänzt durch das Schutzkonzept“ des neuen Trägers Educcare“, erklärt sie. Dieser ist bundesweit aktiv in der freien Jugendhilfe und betreibt im Auftrag von Kommunen und Betrieben 29 Einrichtungen mit knapp 2100 Kindern, zum Beispiel in Stuttgart. Die Mitarbeiter werden nach Angaben von Bosch übernommen.

Die andere Kita an der Stuttgarter Straße, die ebenfalls den Namen „Piccolo Paradiso“ trägt, hat die Gemeinde Schwieberdingen zum 1. August unter ihr Dach geholt. Die Einrichtung soll organisatorisch an den nahe liegenden Kindergarten Sonnenschein angegliedert werden. „Wir streben an, das bisherige Personal zu halten“, sagt der Fachbereichsleiter Florian Bausch.

Die Gemeinde habe sich dazu entschlossen, die Einrichtung zu übernehmen, als die Inhaberin Julia Uebachs den Wunsch geäußert habe, sich zurückzuziehen. In nichtöffentlicher Sitzung folgte der Gemeinderat dem Vorschlag der Verwaltung, die Kita zu übernehmen statt einen neuen Betreiber zu suchen. Für die 40 Belegplätze dort hatte die Gemeinde bislang mit 720 000 Euro Kosten im Jahr gerechnet. Ziel sei es gewesen, einen nahtlosen Übergang vom privaten Betreiber zur kommunalen Trägerschaft hinzubekommen. Damit dürften die Tage von „Piccolo Paradiso“ in Schwieberdingen gezählt sein. Beide Einrichtungen, sowohl an der Stuttgarter als auch an der Daimlerstraße, sollen in Zukunft andere Namen tragen.

Die Einrichtungen sollen neue Namen bekommen

Nur welche genau, das ist noch nicht klar. Ebenso was mit dem gleichnamigen Kindergarten an der Markgröninger Straße passiert. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt ein Mitarbeiter am Telefon. Mehr möchte er nicht sagen.

Aufklärung verschaffen kann wahrscheinlich nur die bisherige Betreiberin der „Piccolo Paradiso“ genannten Tagesstätten. Doch Julia Uebachs war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch eine Anfrage per Mail blieb unbeantwortet.

Die Missbrauchsvorwürfe

Festnahme
Am 6. April wird ein 20-jähriger Erzieher-Azubi der Kita „Piccolo Paradiso“ an der Schwieberdinger Daimlerstraße festgenommen. Der Vorwurf lautet auf sexuellen Missbrauch. Der Mann wird entlassen. Elf Tage später wird die Gemeinde informiert, die daraufhin an die Öffentlichkeit geht. Sie befürchtet eine Verwechslung mit der gleichnamigen Kita, in der die Gemeinde Belegplätze hat.

Anklage
Mitte Mai veröffentlichen Polizei und Staatsanwaltschaft ihr vorläufiges Ermittlungsergebnis: Dem Mann wird nun sexueller Missbrauch von Kindern in 13 Fällen sowie das Herstellen von kinderpornografischen Schriften in sieben Fällen vorgeworfen. Von den Handlungen betroffen gewesen sein sollen über einen Zeitraum von zwei Jahren 16 Kinder. Am 12. Juli wird Anklage gegen den Mann erhoben. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren.