Auf dem 100 Hektar großen Gelände von Bosch in Renningen ist noch jede Menge Platz – sobald der Flugplatz freigegeben ist. Foto: Jürgen Bach

Schon 2023 könnte der Bundeswehr ein Ersatzgelände für den Malmsheimer Flugplatz zur Verfügung stehen. Einer Erweiterung des Bosch-Forschungscampus stünde dann nichts mehr im Weg.

Renningen - Renningen im Kreis Böblingen ist der mit Abstand größte Standort für den Bosch-Zentralbereich Forschung und Vorausentwicklung (Bosch Research). Und er soll noch größer werden – womöglich deutlich früher als erwartet. Denn der örtliche Flugplatz, den die Bundeswehr bisher noch als Übungsgelände nutzt, könnte schon deutlich vor dem Jahr 2029 frei werden, mittlerweile ist sogar schon von Ende 2023 die Rede. Damit stünde dem Unternehmen eine große Fläche zur Verfügung, um den Forschungscampus zu erweitern.

„Der Forschungscampus in Renningen wurde aufgebaut, um die bis 2014 verteilten Forschungsbereiche von Bosch im Raum Stuttgart an einem Standort zusammenzuführen“, berichtet Dora Constantinita, Sprecherin bei Bosch. Es handelte sich um die Standorte in Waiblingen, Schwieberdingen und Gerlingen-Schillerhöhe. Mit der Zusammenlegung sollten Synergien innerhalb der Forschung entstehen „sowie ein inspirierendes und technisch hervorragend ausgestattetes Umfeld für die Forscher“. Mit 1500 Mitarbeitern vor Ort sei Renningen „zum weltweiten Mittelpunkt unserer Forschungskompetenzen“ geworden, so wie es vor gut zehn Jahren der damalige Vorstandschef Franz Fehrenbach angekündigt hat.

Nur 43 von 100 Hektar sind schon bebaut

Der Forschungscampus bildet den Knotenpunkt des internationalen Forschungs- und Entwicklungsverbunds der Bosch-Gruppe. Neben Bosch Research sind Entwicklungsabteilungen des Geschäftsbereichs Cross-Domain Computing Solutions (XC) sowie das Bosch Center for Artificial Intelligence am Campus angesiedelt. In Summe ist das gesamte Gelände rund 100 Hektar groß, etwa 43 Hektar davon sind bebaut. Zusätzlich zu den 1500 Mitarbeitern im Zentralbereich Forschung und Vorausentwicklung arbeiten noch etwa 500 weitere Menschen am Campus.

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Von Anfang an stand allerdings fest, dass die Entwicklung des Standorts Renningen damit nicht abgeschlossen sein wird. Von potenziell mehr als 5000 Mitarbeitern – also 3000 mehr als jetzt – hatte schon Vorstandschef Fehrenbach vor zehn jahren gesprochen. Diese Zahl möchte Bosch aktuell nicht kommentieren.

Wie genau sich der Campus in Zukunft weiterentwickeln soll, welche Flächen als erstes bebaut werden sollen und wann wie viele Arbeitsplätze entstehen werden, dazu gibt es noch keine offiziellen Informationen. Fest steht nur, dass das sogenannte Mittelgrundstück des Forschungscampus für die zukünftige Weiterentwicklung des Standorts „strategisch von hoher Bedeutung“ ist. „Das Unternehmen hat diverse Projekte in Planung, die keinen langen Aufschub mehr dulden.“

Haiterbach ist keine Option mehr für die Bundeswehr

Das wirkt sich auch auf die Pläne von Bund und Land in Sachen Bundeswehr aus: Inzwischen hat man Abstand davon genommen, in Haiterbach (Kreis Calw) ein neues Übungsgelände aufzubauen. Der Ort liegt nahe am Bundeswehr-Standort in Calw und wäre eine praktische Lösung gewesen. Doch es hatte dort große Widerstände gegen die Pläne gegeben, Eigentümer wollten nicht verkaufen. Die Grundstücke hätten nur mittels Enteignung beschafft werden können, was grundsätzlich einen sehr langen Prozess bedeute, erklärt Judith Hufnagel, Sprecherin des baden-württembergischen Staatsministeriums. Bis spätestens 2029 muss die Bundeswehr den Flugplatz geräumt haben, so ist es vertraglich mit Bosch geregelt.

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Der neu ausgemachte Standort, Waldhof im Zollernalbkreis, biete gegenüber Haiterbach einen entscheidenden Vorteil: „Die Staatsdomäne befindet sich im Landeseigentum“, sagt Judith Hufnagel. Da Waldhof unter fachlichen Gesichtspunkten ebenfalls grundsätzlich geeignet sei, habe man vereinbart, dass sich die Bemühungen bei der Suche nach einem Ersatzgelände nun auf diesen Standort richten. Der Wechsel selbst könnte am Ende recht unkompliziert vonstattengehen, da keinerlei Anlagen versetzt werden müssen. „Entscheidend ist, dass das Gelände den Anforderungen an den Übungsbetrieb genügen wird.“ Dieser Übungsbetrieb – noch ohne Start- und Landebahn aus befestigtem Gras – soll bis Ende 2023 möglich werden.

Große Herausforderungen für die Stadt Renningen

Vor große Herausforderungen könnte ein früherer Ausbau des Forschungscampus allerdings die Stadt Renningen stellen. „Bosch hat im Baugebiet Schnallenäcker II extra ein größeres Areal gekauft, um Wohnungen für temporäre Mitarbeiter anzubieten“, erklärt der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler). Drei Häuser sind inzwischen fertiggestellt, eines fehlt noch. Das könnte im Falle einer Weiterentwicklung am Campus womöglich den Druck am Wohnungsmarkt etwas abfedern. Aber nicht auf Dauer. Sollte Bosch sich innerhalb der kommenden Jahre merklich erweitern wollen, „kriegen wir ein Problem mit der Infrastruktur“, befürchtet der Bürgermeister.

Im Moment wird das Neubaugebiet Schnallenäcker III erschlossen, ein weiteres Baugebiet ist so schnell nicht in Planung. „Mit Bauprojekten sind wir erst mal ausgelastet“, sagt Faißt. „Aber wir werden uns der Aufgabe stellen. Es geht hier um wichtige Arbeitsplätze und relevante Forschungen in Sachen KI, Klimawandel und mehr. Das sind Themen, die uns alle betreffen.“

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