Auch Winfried Kretschmann hat sich zum Parteiaustritt von Boris Palmer geäußert. Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen/IMAGO/Chris Emil Janssen

Boris Palmer war so etwas wie das Enfant terrible der Grünen. Nun ist er aus der Partei ausgetreten. Selbst Parteifreunde sehen eine Grenze überschritten.

Der Parteiaustritt des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer hat vielen in der Grünen-Partei Respekt abgerungen – einige wiederum verhehlten ihre Erleichterung über seine Entscheidung nicht. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), sagte: „Persönlich tut es mir natürlich leid um diesen klugen Kopf, der unsere Partei, die Politik über eine sehr lange Zeit streitbar bereichert hat.“ Palmer sei immer wieder an die Grenze gegangen und jetzt auch darüber hinaus. „Mit seinem Vergleich mit dem Judenstern hat er eine Grenze überschritten, die er nicht überschreiten darf.“

Palmer hat Auszeit angekündigt und sich krankgemeldet

Palmer hatte am Montag seinen Parteiaustritt verkündet und eine Auszeit angekündigt. Der Tübinger Oberbürgermeister war in der Vergangenheit immer wieder durch provokante Äußerungen aufgefallen. Am vergangenen Freitag hatte er am Rande einer Migrationskonferenz in Frankfurt am Main für Empörung gesorgt. Nachdem er mit „Nazis raus“-Rufen konfrontiert wurde, weil er das N-Wort benutzt hatte, sagte Palmer zu der Menge: „Das ist nichts anderes als der Judenstern.“ In einer persönlichen Erklärung vom Montag sagte Palmer später, er hätte als OB „niemals so reden dürfen“. Dem vorangegangen war ein Wochenende voller innerparteilicher Diskussionen. Palmers Mitgliedschaft bei den Grünen ruhte bereits, weil er in den vergangenen Jahren immer wieder mit seiner Wortwahl für Aufsehen gesorgt hatte.

Landesvorsitzende bedauert, dass es so weit kommen musste

Der Grünen-Landesvorsitzende Pascal Haggenmüller nannte den Parteiaustritt einen „konsequenten Schritt“. „Wir können diese aufreibenden Debatten nun hinter uns lassen und den Fokus wieder voll und ganz auf die inhaltliche Arbeit richten.“ Seine Co-Vorsitzende Lena Schwelling bedauerte, dass es so weit kommen musste. „Zuletzt schien dieser Schritt jedoch unausweichlich.“ Sie habe Respekt, dass Boris Palmer sich entschieden habe, aus der Partei auszutreten, um Schaden von ihr abzuwenden. So hatte Palmer es in seiner Erklärung formuliert. Der Grünen-Fraktionschef im Landtag, Andreas Schwarz, ließ mitteilen: „Boris Palmer zieht einen Schlussstrich und schafft damit klare Verhältnisse.“ Nun könne sich die Partei wieder auf das Wesentliche konzentrieren.

Einige Grüne zeigten sich offen erleichtert über Palmers Austritt: Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte im ZDF-„Morgenmagazin“: „Es gab ja Gründe, warum wir viele Diskussionen alle miteinander hatten“. Palmers Schritt sei „respektabel, und ich wünsche ihm ein gutes Leben“. Der Tübinger Bundestagsabgeordnete Chris Kühn sprach von einer „Entfremdung“, die sich über viele Jahre abgezeichnet hat. Palmer habe sich seit 2015 inhaltlich und programmatisch weit von der Partei entfernt. „Ich habe persönlich Respekt vor der Erklärung von Boris Palmer. Er hat offensichtlich erkannt, einen großen Fehler gemacht zu haben“, sagte Kühn. Der Stuttgarter Europaabgeordnete Michael Bloß twitterte: „Ein guter Tag für unsere Partei!“ Inhaltlich sei Boris Palmer schon lange kein Grüner mehr gewesen.

Selbst Palmers langjähriger Weggefährte Rezzo Schlauch hielt zuletzt nicht mehr zu ihm. Nach dem Vorfall in Frankfurt kündigte er ihm die persönliche und politische Loyalität und Unterstützung sowie die juristische Vertretung auf.

Ministerpräsident Kretschmann hingegen hält weiter zu dem Ex-Grünen. „Ich bin mit Palmer persönlich und politisch befreundet und das bleibe ich auch“, sagte er. Insbesondere in den Kernthemen der Grünen sei er bereichernd gewesen, und das werde er weiter sein. Palmer war bereits bei der letzten Oberbürgermeisterwahl in Tübingen als unabhängiger Kandidat und nicht für die Grünen angetreten. Der Frage, ob er eine Rückkehr in die Partei für möglich halte, wich Kretschmann aus. Nach der Auszeit werde Palmer sich selbst erklären. „Und dann wird man sehen.“