Foto: dpa

Nicht alle Bürger in Tübingen sind von dem modernen OB-Papa begeistert.  

Tübingen - Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) tauscht sein Büro im Rathaus gegen das Kinderzimmer seiner Tochter. Als erster Oberbürgermeister Deutschlands wird der 38-Jährige im September und Oktober in Elternzeit gehen und dabei Elterngeld beziehen. So will er seiner Partnerin, der Grünen- Europaabgeordneten Franziska Brantner, den Rücken frei halten.

Die 30-jährige Südbadenerin hatte Palmer früh klargemacht, worauf er sich in der Beziehung mit ihr eingelassen hat: In der Schwangerschaft zeigte sie sich mit einem eindeutigen T-Shirt-Aufdruck: "Dads are parents too" - Väter sind auch Eltern. "Ich habe keine Lust, nur die Frau vom Palmer zu sein", sagte sie. Also überlässt Palmer die Stadt zwei Monate lang seinem Stellvertreter Michael Lucke (SPD) und geht mit seiner Partnerin nach Brüssel, wo Brantner als Europaabgeordnete ihr Büro und eine Wohnung hat.

Man könne nicht politisch für die Elternzeit eintreten und dann kneifen, wenn es akut werde, sagt Palmer. "Ein guter OB kann auch zwei Monate weg sein. Nur ein schlechter muss jeden Tag hinterherkehren." Nachdem der Regierungspräsident Palmers Elternzeit genehmigt hatte, ging für den Rathauschef der Kampf mit den Formularen los. "Dreimal habe ich die Anträge zurückgekriegt, bis ich alles richtig ausgefüllt hatte", erzählt er. Dabei sei es ihm gar nicht so sehr um die 1800 Euro Elterngeld pro Monat gegangen, sondern um seine Familie. "Ich habe gemerkt: Es ist immer noch nicht selbstverständlich, dass ein Vater in Elternzeit geht." Einige Bürger hätten ihm sogar vorgeworfen, er verrate den Wählerwillen.