Boris Palmer: „Wir Grünen haben uns geändert.“ Foto: dpa

Interesse an Volksabstimmung fast wie vor Landtagswahl - Viele wollen Briefwahlunterlagen.

Stuttgart - Vor der Volksabstimmung zum Bahnprojekt Stuttgart21 wollen ähnlich viele Menschen per Briefwahl mitentscheiden wie bei der Landtagswahl im März, bei der am Ende landesweit eine vergleichsweise hohe Beteiligung von 66,3 Prozent zu verzeichnen war. Im Lager der Projektgegner wurde das große Interesse mit Genugtuung registriert. "Es deutet auf eine Beteiligung von über 50 Prozent der Stimmberechtigten hin. Damit rückt das Erreichen des Quorums für Befürworter und Gegner von S21 durchaus in Reichweite", sagte der Projektgegner und Tübinger OB Boris Palmer (Grüne).

Einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierung wird es nur geben, wenn die Mehrheit der Abstimmenden und mindestens ein Drittel der rund 7,5 Millionen Wahlberechtigten für diesen Ausstieg votieren.

Bei der Stuttgarter Stadtverwaltung sind bis Freitag 51.000 Briefwahlanträge eingegangen - etwa 1000 Anträge mehr, als zum vergleichbaren Zeitpunkt für die Landtagswahl vorgelegen waren. Die Landeshauptstadt, in der der geplante Tiefbahnhof besonders stark umkämpft ist, ist aber kein Sonderfall. Auch an anderen Orten im Land - darunter Karlsruhe, Pforzheim, Baden-Baden und Ulm - werde mit einem ähnlichen Aufkommen an Wahlbriefen gerechnet wie vor acht Monaten, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa bei einer Umfrage.

Das große Interesse an Briefwahl könnte auf eine auch insgesamt hohe Beteiligung hinweisen - es muss aber nicht so sein. Manche der angeschriebenen Bürger glauben offenbar irrtümlich, sie könnten ihre Stimmen nur durch Anforderung der Unterlagen und Briefwahl abgeben. So gesehen könnte am 27. November der Besuch in den Wahllokalen geringer ausfallen. Verlässliche Prognosen darüber seien aber unmöglich, sagte Thomas Schwarz, Wahlexperte der Stadt Stuttgart. Das gelte noch viel mehr für die Frage, wem das große Interesse nütze.