Boris Johnson will eine Gesetzesvorlage einbringen, die einen Urnengang im Dezember erlauben würde. Foto: AP/Jessica Taylor

Zwar sind auch oppositionelle Parteien im britischen Unterhaus für eine Neuwahl. Dennoch kommt der Premier mit seinem Vorschlag nicht durch. Johnson will sich aber noch nicht geschlagen geben.

London - Nach dem Nein der britischen Abgeordneten zu seinem Neuwahlplan will Premierminister Boris Johnson sein Ziel auf andere Weise erreichen. Schon am Dienstag will er eine Gesetzesvorlage einbringen, die einen Urnengang am 12. Dezember erlauben würde. Der Entwurf bräuchte nur eine einfache Mehrheit im Parlament. Die größte Oppositionspartei Labour will die Vorlage erst einmal prüfen und dann entscheiden.

Am Montagabend hatte Johnson im Unterhaus eine neuerliche Niederlage einstecken müssen: Sein direkter Vorstoß für eine Neuwahl am 12. Dezember erreichte nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit; 299 Parlamentarier stimmten dafür, 70 dagegen. Insgesamt sitzen 650 Abgeordnete in der Kammer.

Die nächste Parlamentswahl ist eigentlich für 2022 angesetzt. Doch hofft Johnson, dass eine vorgezogene Abstimmung seinen Konservativen eine Mehrheit verschafft, mit der er seinen mit der EU ausgehandelten Brexit-Deal durchdrücken kann. Ebenso möglich ist aber, dass das Parlament nach einer Neuwahl in der Brexit-Frage genauso gespalten ist wie jetzt.

Oppositionsparteien wollen ebenfalls Neuwahl

„Wir werden nicht zulassen, dass diese Lähmung sich fortsetzt, und auf die eine oder andere Weise müssen wir direkt auf eine Wahl zuschreiten“, mahnte Johnson dennoch. Zuvor warf er seinen Gegnern vor, mit der Blockade seiner Brexit-Pläne die Wählerentscheidung für einen Brexit zu verraten. Ohne eine Neuwahl sei die Regierung wie die Comicfigur Charlie Brown von den Peanuts, „der immer nach vorne rennt, um den Ball zu treten, nur, damit er vom Parlament dann weggeschlagen wird“.

Die Oppositionsparteien wollen ebenfalls eine Neuwahl, aber nicht unter Johnsons Bedingungen. Kirsty Blackman von der Schottischen Nationalpartei sagte, ihre Kollegen zögen einen früheren Wahltermin am 9. Dezember vor. „Wir werden da nicht nach der Pfeife von Boris Johnson tanzen.“ Labour-Chef Jeremy Corbyn sagte mit Blick auf eine mögliche Neuwahl, seine Partei erwarte eine klare, endgültige Entscheidung, dass ein vertragloser Bruch mit der EU „absolut vom Tisch“ sei.

Verschiebung um drei Monate

Das Risiko einer harten Scheidung am zuletzt vorgesehenen Austrittsdatum am 31. Oktober ist gebannt. Johnson bestätigte - wenn auch widerwillig - in einem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk eine Brexit-Verschiebung um drei Monate. Noch vor Wochen hatte der Premierminister erklärt, er würde „lieber tot im Graben liegen“, als einen weiteren Aufschub zu beantragen. Doch hatte Johnson am Ende keine andere Wahl: Das Unterhaus hatte ihn schon im September per Gesetz zu einem solchen Schritt gezwungen, falls ein No-Deal-Brexit drohen sollte.

Die verbleibenden 27 EU-Mitgliedsstaaten haben London nach Angaben Tusks eine „Flextension“ eingeräumt, also eine flexible Verschiebung des Brexit-Termins. Danach kann Großbritannien den Staatenbund schon vor dem 31. Januar - am 1. Dezember oder 1. Januar - verlassen, falls das britische Unterhaus und das EU-Parlament vorher den Brexit-Deal ratifiziert haben.

In der EU warnte man Großbritannien derweil, die Verschnaufpause nicht zu vergeuden. Sie solle produktiv genutzt werden, forderte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert. Aus der zusätzlichen Zeit müsse ein Weg vorwärts hervorgehen, sagte auch der Chef der Brexit-Steuerungsgruppe im EU-Parlament, Guy Verhofstadt.