Novak Djokovic (li.) und Boris Becker: Bald ein Team. Foto: Getty

Boris Becker wird Trainer von Novak Djokovic. Für viele Tennisfreunde mutet das am wie ein Aprilscherz in der Adventszeit. Doch manche Experten meinen auch: In der Zusammenarbeit der Stars steckt viel Potenzial. Für beide.

Boris Becker wird Trainer von Novak Djokovic. Für viele Tennisfreunde mutet das am wie ein Aprilscherz in der Adventszeit. Doch manche Experten meinen auch: In der Zusammenarbeit der Stars steckt viel Potenzial. Für beide.

Stuttgart - Es scheint ein Trend im Profitennis zu sein. Die aktuellen Topstars engagieren die Legenden ihres Sports als Trainer. Der Schweizer Roger Federer will etwa mit Stefan Edberg zusammenarbeiten. Das ließ der Schwede am Donnerstag wissen. Novak Djokovic ist da schon weiter. Wie ein Ass schlug die Nachricht ein, dass Boris Becker, der zuletzt eher für seichte biografische Literatur zuständig war, den Serben coachen soll.

Bereits am zweiten Weihnachtsfeiertag wird „Bobbele“ Djokovic bei einem Einladungsturnier in Abu Dhabi begleiten und ihn dann bei den Australian Open Djokovic betreuen – ein Engagement, das aber Fragen aufwirft. Denn bisher galt das Team des 26-Jährigen als verschworene Gemeinschaft: Mit Trainer Marian Vajda, Physiotherapeut Gebhard Phil-Gritsch und Manager Edoardo Artaldi holte „Nole“ sechs Grand-Slam-Titel. Vor allem seinem Coach hat er viel zu verdanken. Der Slowake Vajda, der Djokovic seit 2006 trainiert und weiterhin mitbetreuen wird, machte den Teenager zum Weltklasse-Spieler.

Was kann also Becker, was Vajda nicht kann? Christina Singer-Bath, Stützpunkttrainerin beim Deutschen Tennis-Bund in Stuttgart-Stammheim, sagt: „Boris kann Djokovic einen neuen Impuls geben.“ Einen, den der Weltranglistenzweite auch braucht. 2012 und 2013 gewann Djokovic, dem Rafael Nadal in der Vorsaison den Titel der Nummer eins entriss, von acht Grand-Slams nur zwei (beide Male die Australien Open). Zu wenig für seine Ansprüche. Zudem hat er gesehen, wie Beckers Ex-Rivale Ivan Lendl dem Schotten Andy Murray Siegermentalität verlieh und den ewigen Finalverlierer in diesem Jahr als Trainer zum Wimbledonsieg führte. Christiane Singer-Bath ist sich deshalb sicher: „Boris kann der richtige Mann sein. Er weiß genau, wie es ist, als Profi ganz oben an der Spitze zu stehen. Vajda hatte als Spieler einfach nicht die Klasse von Becker.“

Doch wie sehen die Aufgaben des Deutschen aus? Becker sei als Stratege und Psychologe gefragt, meint Singer. Als Mentalguru gewissermaßen. „Djokovic ist ein technisch fertiger Spieler, es geht nur darum, ihn mental stärker zu machen“, sagt die Göppingerin, die Becker aus ihrer Zeit als Profi in den 90er Jahren kennt. Zu seinen Tätigkeiten gehöre auch, kommende Gegner zu beobachten – und Djokovic mit Blick „auf kritische Phasen im Match“ zu briefen.

Günther Bosch sieht das genauso. Der Trainer, der den Leimener 1985 zum jüngsten Wimbledonsieger machte, sagt: „Boris kann Djokovic sportlich viel beibringen. Nicht Vorhand oder Rückhand, aber mental. Er kann ihm beibringen, dass verloren geglaubte Spiele noch lange nicht verloren sind. In diesem Punkt war Boris einmalig.“

Wie Singer (46) ist sich aber auch der 76-Jährige bewusst, dass das nicht einfach wird. „Boris muss sich gewaltig ändern. Er muss lernen, im Schatten des Spielers zu stehen.“ Peinlicher TV-Klamauk mit Comedian Oliver Pocher oder öffentliche Auseinandersetzungen mit den Ex-Frauen müssten passé sein. Im Fokus sollten die zwölf großen Turniere stehen, bei denen Becker Djokovic als Trainer begleitet. „Letztlich“, sagt Christina Singer, „kann er Djokovic wieder die Selbstsicherheit zurückgeben. Das reicht schon auf dem Niveau.“ Und Becker, bisher BBC-Tennisexperte, könnte in seiner Sportart wieder sportlich Fuß fassen. Als Legende, die einen aktuellen Star trainiert.