Mit über 8000 Nutzern bei 286.000 Einwohnern hat Karlsruhe inzwischen die bundesweit höchste Carsharing-Dichte. Foto: Peter-Michael Petsch

Carsharing wird immer stärker nachgefragt – vor allem in Baden-Württemberg. Bundesweit ragt eine Stadt in Sachen Auto-Teilen besonders hervor: Karlsruhe.

Karlsruhe/Stuttgart - Was hat Karlsruhe, was andere Städte nicht haben? Zunächst einmal mildes Klima, keine Berge und viele Studenten. Diese Faktoren machen die Stadt am Rhein zu einer Fahrradstadt. Da die vielen Radfahrer aber auch hin und wieder ein Auto benötigen, um Einkäufe oder einen Ausflug zu machen, bietet sich für sie Carsharing als Alternative zum eigenen Auto an. Neben guten Bedingungen für Radler verfügt Karlsruhe über einen ebenso guten öffentlichen Nahverkehr. Wenn sich dann auch noch die Stadt bei der Ausweisung von Stellplätzen entgegenkommend zeigt, kommt ein unangefochtener erster Platz in der bundesweiten Carsharing-Rangliste heraus.

Mit 1,75 gemeinsam genutzten Autos je 1000 Anwohnern rangiert Karlsruhe deutlich vor Düsseldorf und München. An vierter Stelle liegt Stuttgart, wo auf 1000 Einwohner 0,58 Carsharing-Fahrzeuge kommen. Mit Freiburg (auf Platz sechs) und Mannheim (Platz acht) liegen weitere Städte aus dem Südwesten in den Top Ten.

Fragt man im Bundesverband Carsharing (BCS) nach dem Gründen für den Sharing-Boom (share: englisch für teilen) im Land, ist viel von einer langen Entwicklung die Rede, für die viele verschiedene Faktoren verantwortlich seien. „Karlsruhe hat immer zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Kooperationen gefunden“, sagt Gabi Lamprecht. Gemeint sind Stadt und ÖPNV. Carsharing für sich alleine funktioniert nicht. So hat die Kommune den Ausbau von Stellplätzen beim Platzhirsch Stadtmobil stets unterstützt. Außerdem gibt es kombinierte Angebote für Bus- und Bahnfahrer.

Vom Öko-Spinner zur Aktiengesellschaft

Auch Stuttgart gilt diesbezüglich als Vorbild. Hier wurde vor wenigen Tagen der 20. Geburtstag von Stadtmobil gefeiert. Anfangs als Öko-Spinner abgetan, hat sich der Verein zur Aktiengesellschaft mit Niederlassungen in ganz Deutschland entwickelt. Mit zwei Autos und zwei Tiefgaragenstellplätzen ist die Initiative vor 20 Jahren gestartet, heute besteht der Fuhrpark aus 300 Autos an 110 Stationen. Harald Brunner, der Vorsitzende des Vereins, spricht von einem riesigen Boom in den letzten fünf Jahren. Die jährlichen Zuwachsraten liegen bei 20 bis 25 Prozent, ähnliche Zahlen nennt der BCS für ganz Deutschland. Doch bald könnte das Ende der Fahnenstange in Stuttgart erreicht sein. Vielmehr Stellplätze lässt der Talkessel nicht zu.

Deshalb ärgert man sich bei Stadtmobil auch ein bisschen über den Gemeinderat, der Konkurrent Daimler für dessen in Kürze startendes Car-2-Go-Projekt mit Elektro-Smarts 500 Stellplätze garantiert hat. So oder so: Der Konkurrenzkampf – auch der Deutsche-Bahn-Ableger Flinkster mischt in Stuttgart kräftig mit – wird Carsharing insgesamt weiter voranbringen.

Durch die enge Bebauung sind in Mainz Stellplätze für Anbieter rar und entsprechend kostspielig

Andere Städte tun sich dagegen noch immer schwer. Mainz zum Beispiel. Die Stadt in Rheinhessen hat ähnliche strukturelle Voraussetzungen wie Karlsruhe, aber nur ein Zehntel so viele Nutzer. Der Grund: Durch die enge Bebauung sind Stellplätze für Anbieter rar und entsprechend kostspielig.In Mainz doppelt so teuer wie etwa in Frankfurt. Öffentliche Flächen dürfen bundesgesetzlich nicht für Carsharing freigegeben werden. Doch selbst in Mainz wie in anderen zurückliegenden Städten geht der Trend hin zum gemeinschaftlich genutzten Automobil.

Gerade bei den jüngeren Menschen in den Stadt gibt es den Autofahrer, der all seine Wege mit dem eigenen Pkw zurücklegt, immer weniger. In Stuttgart hat sich die Zahl der jungen Fahrzeughalter zwischen 18 und 25 Jahren in den vergangenen zwölf Jahren um 63 Prozent reduziert. Der BCS spricht von einer wachsenden „multimodalen Nachfrage“, einer Kombination aus ÖPNV, Carsharing und Bikesharing. Warum sich die Staus und Parkplatznöte in den Städten aber nicht analog zu dieser Entwicklung verflüchtigen, darauf wissen die Carsharing-Experten noch keine Antwort.