Vorsicht, Bombenentschärfung: Die Polizei riegelte die Pragstraße (B 10) in Bad Cannstatt ab. Foto: SDMG

Spezialisten können eine alte Fliegerbombe mit mechanischem Zünder relativ schnell unschädlich machen: In der Nacht zum Mittwoch waren es am Rosensteinpark in Bad Cannstatt gerade mal 19 Minuten. Warum aber braucht die Polizei dann vorher sieben Stunden?

Stuttgart - Die Entschärfung einer amerikanischen 500-Kilo-Fliegerbombe in der Nacht zum Mittwoch in Stuttgart zeigt die immensen Folgen, die Kriegsrelikte in Großstädten immer noch haben. Erst nach mehr als sieben Stunden war der Großeinsatz für 100 Polizisten, 30 Rettungskräfte und 1500 betroffene Einwohner beendet. Die Arbeit der Kampfmittelbeseitigungsdienstes machte allerdings nur einen Bruchteil aus: Die Bombe, die an der Baustelle des künftigen Rosensteintunnels in Bad Cannstatt entdeckt worden war, wurde nach 19 Minuten Nervenkitzel unschädlich gemacht.

Dass die ganze Aktion von 17.15 bis 0.37 Uhr dauerte, ist vereinzelt auf Kritik gestoßen. Nach Ansicht der Polizei ist der Zeitaufwand aber wegen der aufwendigen Evakuierungsaktion unvermeidbar. „Bis an allen Türen geklingelt wurde, bis wirklich alle Bewohner draußen sind, das dauert sehr lange“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer.

Nicht alle Bewohner ziehen mit

So weigerte sich ein älterer Bewohner in der Pragstraße das Haus zu verlassen; an anderer Stelle wurde nach der vermeintlich abgeschlossenen Evakuierung noch ein am Fenster rauchender Anwohner entdeckt; für eine bettlägerige Frau musste ein Krankentransport organisiert werden.

Nachdem die Bombe entdeckt worden war, musste außerdem eine umfangreiche Logistik geplant und abgewickelt werden – von der Verständigung umliegender Gewerbebetriebe und Veranstaltungsorte, bis zum Räumungsplan für ein Flüchtlings- und ein Jugendheim. Für die Unterbringung wurden Busse der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) geordert. Außerdem musste die Polizei selbst Kräfte anfordern – die unter anderem aus dem Bereich Aalen anrückten.

Die Bombe ist offenbar einer großen Suchaktion im November 2010 entgangen. Damals hatte man vor dem Tunnelbau 2,6 Tonnen Blindgänger – von Spreng- bis Phosphorbrandbomben – aus dem Boden geholt.