Der Dachdecker Alexander Stoll holt die Bombe, die er für ausgebrannt hielt, aus dem Gebälk und bringt sie zur Polizei. Dort verständigt man umgehend den Kampfmittelbeseitigungsdienst. Foto: Alexander Stoll

Ein Handwerker findet einen ungewöhnlichen Gegenstand und bringt ihn zur Polizei. Erst als die Beamten auf der Wache erschrecken, wird ihm klar, wie gefährlich das war.

Stuttgart - Da steckt eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg zwischen zwei Dachbalken – und Alexander Stoll und seine Kollegen arbeiten erst mal in aller Ruhe weiter. Denn: „Wir dachten erst, es sei ein altes Lüftungsrohr“, sagt der 27-jährige Dachdecker. Zusammen mit seinen Kollegen saniert er zurzeit in einem Haus an der Fraasstraße im Stuttgarter Osten das Dach.

Entdeckt haben die Handwerker das vermeintliche Lüftungsrohr bereits am Freitag. Es steckte senkrecht zwischen zwei Dachbalken. Drum herum war das Holz zum Teil verkokelt. „Jemand hatte das notdürftig nach dem Krieg repariert“, beschreibt Stoll den Zustand. Er hat vom Nachbarn erfahren, dass die andere Haushälfte bei einem Bombenangriff komplett abgebrannt war. Als er mit diesem Wissen das vermeintliche Abluftrohr am Montag noch einmal untersuchte, folgerte er richtig, dass es sich um eine Brandbombe aus jenem Angriff handelte. Das stimmte, denn es handelte sich tatsächlich um eine von den Briten abgeworfene Flammstrahlbombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Die zweite Schlussfolgerung war dann leider falsch, auch wenn sie logisch erschien: „Wegen der Brandspuren und weil das Nachbarhaus gebrannt hatte, dachte ich, dass sie gezündet haben muss“, sagt Alexander Stoll. Der Dachdecker hielt die Bombe also für ausgebrannt und ungefährlich.

Die Fachleute raten: Niemals Bomben anfassen

Das war sie nicht, was in den folgenden Stunden ein paar Menschen, einschließlich des Handwerkers selbst und der Beamtinnen und Beamten des Polizeireviers Bad Cannstatt, etwas nervös machte, denn das Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg war noch scharf. Stoll, der es für harmlos hielt, packte die Bombe in sein Auto und fuhr damit zur Polizei. „Dem Beamten fiel die Kinnlade runter, als er hörte, die Bombe ist im Auto vor dem Revier“, erzählt er. „Das sollte man nie machen“, sagt Mathias Peterle vom Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg, den die Polizei umgehend verständigte. Die Finder hätten wahnsinniges Glück gehabt: „Die Flammstrahlbombe ist nicht so gefährlich wie eine Phosphorbombe, die ähnlich aussieht und bei Kontakt mit Sauerstoff los brennt“, erläutert der Feuerwerker. Als er das erste Bild vom Fundstück auf seinem Handy sah, befürchtete er, es könnte sich um eine Phosphorbombe handeln. Vergleichsweise erleichtert war er, als er in Bad Cannstatt vor dem Polizeirevier eintraf und sah, dass es ein anderer Typ war. Die Briten hätten etliche davon zusammen mit Sprengbomben über Stuttgart abgeworfen.

„Wir haben erfahren, dass die Flammstrahlbombe wie ein Flammenwerfer bis zu sieben Flammenstöße abgegeben hat, wenn sie zündete“, sagt Alexander Stoll. Er hat sich eines geschworen hat: „So etwas fasse ich nie wieder an.“ Im Nachhinein sei ihm auch etwas mulmig geworden. „Alles liegen lassen und die Polizei anrufen, die dann uns verständigt – wir kommen lieber einmal zu oft“, sagt Mathias Peterle.