Das Forum am Schlosspark und die Umgebung wurden geräumt. Foto: dpa

Nach einer Bombendrohung wird das Schlusskonzert der Schlossfestspiele abgebrochen. Die Polizei vermutet hinter der Tat einen Trittbrettfahrer, der sich wichtig machen wollte.

Ludwigsburg - Der Dirigent senkt seinen Stab. Das Orchester schweigt. Erst ein einziger Satz von Jean Sibelius’ nachromantischer „Lemminkäinen“-Suite ist nach der Konzertpause am Samstagabend im Ludwigsburger Forum am Schlosspark erklungen. Da tritt durch die Bühnentür der Intendant der Schlossfestspiele, Thomas Wördehoff, und stellt sich an die Rampe. Es gebe, sagt er, ein kleines technisches Problem, deshalb müsse er das Publikum leider bitten, den Saal zu räumen. Der Klang seiner Stimme und der zuvor schon hörbare Lärm im Foyer verraten zwar, dass er dies nur sagt, um Panik zu vermeiden.

Aber tatsächlich verlassen die Zuhörer ruhig das Abschlusskonzert der Schlossfestspiele, lassen sich von Polizisten zu den Parkplätzen auf der gegenüberliegenden Straßenseite leiten. Auch die Musiker mit ihren Instrumenten kommen dazu, und schon nach kurzer Zeit steht fest, dass die Veranstaltung nicht fortgesetzt werden kann. Ein etwa 30-jähriger Mann, teilt die Polizei am Wochenende mit, habe zu einer Sicherheitskraft gesagt, man solle sich schnell entfernen, bevor etwas in die Luft fliege. Kurz darauf, um 21.21 Uhr, wurde die Polizei alarmiert. Das Forum mit rund 1200 Zuschauern wurde geräumt.

Der Intendant ist stocksauer

22 Streifenwagenbesatzungen der Polizei und 26 Helfer des Roten Kreuzes riegeln das Gebäude und die Umgebung ab, darunter auch einen Teil der B 27. Ein Geiger, der auf der Hinterbühne etwas vergessen hat, bittet vergeblich darum, noch einmal zurückgehen zu dürfen. Immerhin dürfen vor dem Gebäude abgestellte Fahrräder mit Polizei-Eskorte auf die sichere Seite gebracht werden. Der Intendant wütet, fühlt sich nach dem Abbruch eines grandios begonnenen Saisonfinales um den Lohn von gut zwei Monaten harter Arbeit betrogen – und sicherlich auch ein wenig um die traditionelle Abschlussparty der Mitwirkenden.

Unter denen steht Pietari Inkinen im Zentrum der Aufmerksamkeit. „Ich verspreche, dass ich dem Ludwigsburger Publikum dieses wunderbare Stück noch präsentieren werde“, kündigt der finnische Chefdirigent an. „Das werden wir nachholen“, sagt Inkinen, „wir lassen uns die Kunst nicht verderben.“

Die Polizei sucht Zeugen

Nach etwa einer halben Stunde dürfen die Wartenden nach Hause gehen. Wer anschließend noch unter freiem Himmel saß, hörte lange einen Polizeihubschrauber kreisen und sah immer wieder Gruppen schwarz gewandeter Musiker vorbeilaufen. Das Wort „Bombenstimmung“ werden sie und ihr Publikum nach diesem Abend wohl neu definieren. Sprengstoffexperten der Polizei und Spürhunde finden beim Forum später noch einen verdächtigen Gegenstand – Details dazu will man nicht verraten. Er entpuppt sich als harmlos. Die Polizei vermutet, dass es sich um „einen Trittbrettfahrer handelt“, der „Aufsehen erregen wollte“. Sie ermittelt jetzt gegen den Unbekannten wegen der Störung der öffentlichen Ordnung und der Androhung einer Straftat. Dazu sucht sie Zeugen: der Mann sei etwa 30 Jahre alt, habe eine Glatze und einen Dreitagebart. Bekleidet war er mit einem weißen T-Shirt und einer Tarnhose. Hinweise nimmt die Polizei telefonisch unter 0 71 41/18 53 53 entgegen.

Tags darauf hat sich der Groll des Intendanten Wördehoff offenbar gelegt. Auf der Online-Plattform Facebook lobt er, wie ruhig und friedlich die Menschen auf die potenzielle Bedrohungslage reagiert hätten. Weit nach 1 Uhr nachts hätten die letzten Besucher und Mitarbeiter „diesen dann doch friedlichen Ort“ verlassen.