Sperrgebiet Rosensteinpark: Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes bei der Arbeit Foto: Kienzle

Blindgänger machen den Rosensteinpark samt Wilhelma am nächsten Sonntag zum Sperrgebiet.

Stuttgart - Blindgänger machen den Rosensteinpark samt Wilhelma am nächsten Sonntag zum Sperrgebiet. Der Kampfmittelbeseitigungdienst wird zwei nicht explodierte Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg entschärfen. Sie sind im Zuge der Baugrunderkundung für den geplanten Rosensteintunnel entdeckt worden.

Klingt nach Routine: Blindgänger freilegen, Zünder entfernen, entschärften Blindgänger abtransportieren. Klingt auch nach Routine, wie Peer Müller das beschreibt, was sich im Rosensteinpark nächsten Sonntag zweimal abspielen wird. Auf die Frage, ob es sich beim Entschärfen zweier Fliegerbomben nur um Alltägliches handelt, antwortet der Leiter des Kampfmittelbeseitigungsdiensts immerhin mit einem "Jein" . Theoretisch könne es schon mal krachen. Theoretisch heißt: Normalerweise kracht es bei diesem lebensgefährlichen Job nicht. Routine haben sie nämlich. Weil die Alliierten die Bomben damals ohne festes Ziel abgeworfen haben, müssen die heutigen Kampfmittelexperten bei praktisch jeder Baumaßnahme im Talkessel, die ins Erdreich eingreift, anrücken, meist allerdings ohne öffentliche Aufmerksamkeit.

200 kleiner Sprengkörper zu Tage gefördert

Anders beim Projekt Rosensteintunnel. Das liegt am Projekt selbst, weil es nach wie vor umstritten ist, vor allem aber daran, dass bei der Arbeit der Feuerwerker öffentliches Gelände betroffen ist, das bei Bedarf gesperrt werden muss. Dass dieser Fall nächsten Sonntag eintritt, ist Ergebnis einer fast zwei wöchigen Suche nach Blindgängern im Rosensteinpark. Umgegraben wurde entlang dem Bereich, den der Rosensteintunnel - als dritte Stufe des Ausbaus der B10/B27 zwischen Zuffenhausen und Bad Cannstatt - künftig den Park unterfährt. Die Kampfmittelexperten haben dabei zwei nicht explodierte Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg mit so genannten mechanischen Aufschlagzündern entdeckt. Wo genau, verrät Müller aus Sicherheitsgründen nicht.

Nach dem Studium alter Luftaufnahmen, auf der man mögliche Lagen von nicht detonierten Sprengsätzen erkennen kann, hatten die Spezialisten das Gelände mit einem so genannten Magnetometer abgesucht und so die Lage von 35 möglichen Blindgängern ermittelt. Möglich deshalb, weil das Gerät im Untergrund lediglich Metall aufspürt. Beim Aufgraben wurden schließlich zwei Blindgänger entdeckt, an anderer Stelle fanden die Kampfmittelxperten Dachrinnenteile, Schneefangitter und ähnliches Schrottmaterial, mit denen nach dem Krieg Bombentrichter verfüllt worden waren. Zu Tage gefördert haben die Beamten aber auch rund 200 kleinere Sprengkörper: Stabbrand-, Flammstrahl- und Phosphorbomben, "darunter einige funktionstüchtige", sagt Klaus Hofmann, beim Tiefbauamt zuständiger Projektleiter beim Rosensteintunnel. Diese wurden in Spezialbehältern sofort abtransportiert und auf einem Areal des Kampfmittelbeseitigungsdiensts im Sindelfinger Wald entschärft. Dorthin werden auch die beiden Blindgänger gebracht, zersägt und der entzündliche Inhalt abgebrannt.

Zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen begleiten die Entschärfungsaktion am Sonntag. Am härtesten trifft es die Wilhelma, die ganztägig geschlossen bleibt. Zwar können die Tiere in ihren Ställen bleiben, allerdings muss der zoologisch-botanische Garten auf die Einnahmen eines kompletten Sonntags verzichten. "Bei schlechtem Wetter wären um die 2500 Besucher gekommen", sagt Kuratorin Isabel Koch, "bleibte es trocken auch mehr". Da die Besuchzahlen 2010 wegen des langen Winters und des kühlen Sommers hinter den über zwei Millionen der Vorjahre zurückgeblieben, schmerze dies.

Auf den Wiesen des Rosensteinparks sind die Spuren der Kampfmittelbeseitigung noch einige Zeit zu sehen. "Aber spätestens in einem Jahr ist Gras über die Sache gewachsen", sagt Peer Müller mit der Routine eines Feuerwerkers.

Die Folgen am bereits schon länger als Entschärfungstermin anberaumten nächsten Sonntag sind erheblich.

Stuttgarter Wilhelma: Der zoologisch-botanische Garten, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Tunneltrasse gelegen, bleibt an dem Tag zum ersten Mal seit ihrem Bestehens geschlossen.

Museum Schloss Rosenstein: Auch das Museum hat am nächsten Sonntag geschlossen.

Rosensteinpark: Für den gesamten Park zwischen Prag-, Nordbahnhof-, Ehmann und Neckartalstraße heißt es von 9 Uhr an: betreten verboten. Das städtische Tiefbauamt rechnet damit, dass der Park am frühen Nachmittag wieder geöffnet werden kann.

Neckartalstraße: Laut Tiefbauamt wird die Neckartalstraße zwischen 9.30 und voraussichtlich 12 Uhr in beide Richtungen gesperrt.

Stadtbahn: Von 9.15 Uhr an hält die Linie U14 nicht mehr am Halt Wilhelma. Während der Entschärfungsarbeiten von etwa 10 Uhr an werden die Züge des 14ers an den Haltestellen Mineralbäder und Rosensteinbrücke angehalten.