Böhse Onkelz am Hockenheimring: Die Onkelz heizten am Freitagabend rund 100.000 Fans kräftig ein. Wir haben die Bilder. Foto: dpa

Die umstrittene Rockband Böhse Onkelz und ihre treuen Fans - eine verschworene Gemeinschaft. Die Onkelz zelebrieren am Hockenheimring das erste von vier gigantischen Konzerten - 100.000 jubeln ihnen zu.

Hockenheim - „Das heute Abend ist groß“, sagt Bassist und Texter Stephan Weidner noch zu Anfang des Konzerts. Groß ist beim Konzert der Böhsen Onkelz am Hockenheimring alles: die Masse der Fans, ihr Zusammenhalt mit der Band und die Stimmung. Eigentlich müsste Sänger Kevin Russell am Freitag kaum ein Wort singen - das übernehmen die Onkelz-Anhänger, von denen rund 100 000 zum ersten Abend der Auftrittsserie gekommen sind. Sie singen fast jede Zeile, und wenn es keinen Text gibt, singen sie die Gitarren-Riffs.

Zwei Wochenenden lang will die umstrittene Band am Hockenheimring unter dem Motto „Böhse für’s Leben“ rocken: Insgesamt sollen bis zum letzten von vier Auftritten am 27. Juni rund 350 000 Fans kommen. Die Polizei spricht am Sonntag von 200 000 Besuchern am ersten Wochenende und einem weitgehend reibungslosen Verlauf - Verkehrsprobleme und mehr als 60 Straftaten habe es aber gegeben sowie einen tödlichen Unfall auf dem Heimweg eines Besuchers.

Der ausverkaufte erste Abend gibt einen Vorgeschmack auf die Ausmaße. Nachdem die Onkelz im vergangenen Jahr hier ihr Comeback nach fast zehn Jahren Funkstille gefeiert hatten, wollen sie das nun toppen - wohl mit Erfolg.

Immer wieder schallt es aus den Rängen: „Oh, wie ist das schön.“ Die Band zeigt sich ergriffen angesichts der Hingabe der Massen. „Wir empfinden das als großes Geschenk und danken euch dafür“, sagt Weidner, der praktisch alle Ansagen macht. Lange hält sich die Band aber selten mit gesprochenen Worten auf. Die Texte der harten Rock-Songs sprechen für sich selbst. Wie schafft es eine Band, nach 35 Jahren immer noch so viele Menschen zu mobilisieren?

„Die Onkelz sind das, was wir gemeinsam sind“, formuliert es Weidner. „Das Geheimnis ist die Fan-Bindung“, sagt Marcus S. Kleiner, Professor für Medienmanagement an der Hochschule Macromedia Stuttgart. Weil ihre Anhänger diese Bindung auch als authentisch empfänden, komme eine starke Identifikation mit den Musikern zustande - mittlerweile über Generationen hinweg. „Die Onkelz kreieren einen Kosmos von Werten, Normen, Image und Style und führen einen permanenten Dialog mit den Fans“.

Die Polizei hat vergleichsweise wenig zu tun

Problematisch sei bei diesem Zusammenhalt, dass die Gesellschaft häufig in schwarz und weiß eingeteilt werde: gegen oder für uns. „Die Band ist eine Dauer-Kontroverse in der deutschen Musikszene“, sagt Pop-Experte Kleiner. 25 Jahre lang hatten sie bis zu ihrer vorläufigen Trennung 2005 Hits gelandet, provoziert und Schlagzeilen gemacht. Fast 20 Alben sind bisher erschienen. Von anfänglichen rechten Tendenzen hat sich die Band immer wieder distanziert.

Vor der Kulisse der Rennstrecke in Hockenheim fahren die Böhsen Onkelz eine beeindruckende Show auf - zwei Dutzend Leinwände zeigen die vier Musiker, die auf der riesigen Bühne fast verloren wirken. Mit Einbruch der Dunkelheit kommen Laser und Pyrotechnik dazu. Mehr als drei Stunden lang spielen sie - „Buch der Erinnerung“, „Gehasst, verdammt, vergöttert“, „Nichts ist für die Ewigkeit“ und schließlich das von Anfang an lautstark eingeforderte „Mexico“, das mit einem massiven Feuerwerk endet.

Die Polizei hatte vergleichsweise wenig zu tun, wie ein Sprecher am Abend sagt. Das Rote Kreuz habe allerdings einigen zu Betrunkenen zu Hilfe eilen müssen. Auch die Anreise sei vergleichsweise geordnet gelaufen, anders als beim Konzert von AC/DC einige Wochen zuvor - lediglich dem Berufsverkehr kamen die Besucher in die Quere. Weil aber viele Fans gleich am Hockenheimring bleiben, soll es hier etwas ruhiger zugehen: Rund 35 000 von ihnen verbringen das Wochenende im Zelt. Die Polizei rechnet dazu mit etwa 2000 Hartgesottenen, die sogar die Woche überbrücken, um die restlichen Konzerte zu sehen - auch daran zeigt sich wohl die Verbundenheit der Fans mit der Band.