Das Corona-Zentrum in Herrenberg ist Anfang der Woche in Betrieb gegangen – getestet werden hier aber nur diejenigen, die einen Termin haben. Foto: 7aktuell.de/Alexander Hald

Im Landratsamt klingelt praktisch ununterbrochen das Telefon, aber 90 Prozent der Anrufe sind unbegründet. Deshalb gibt das Gesundheitsamt noch einmal einen Fragenkatalog heraus, der bei der Bevölkerung für mehr Klarheit sorgen soll. Drei Fälle sind es bislang im Kreis.

Böblingen - Im Böblinger Landratsamt klingelt ein Telefon permanent: Mehr als 500 Anrufe sind allein seit Montag bei der Hotline des Gesundheitsamtes eingegangen, die vor einer Woche eingerichtet worden ist. Dabei sollten eigentlich nur Menschen diese Nummer wählen, die sich möglicherweise mit dem Corona-Virus angesteckt haben. „Die meisten Anrufer können das Risiko einschätzen, sie sind nur verunsichert“, sagt Benjamin Lutsch, der Sprecher der Kreisbehörde. Trotz der vielen Anrufe werde aber nur bei einem geringen Teil der Personen eine Testempfehlung ausgesprochen. Deshalb hat das Gesundheitsamt einen Fragenkatalog herausgegeben, mit dessen Hilfe sich jeder selbst abfragen kann, bevor er zum Hörer greift.

Die Fragen lauten: War man in den vergangenen drei Wochen in einem der vom Robert-Koch-Institut genannten Risikogebiete? Hatte man Kontakt zu einem bestätigten Covid-19-Fall? Hat man grippeähnliche Symptome, Fieber oder Durchfall? „Wer keine der Fragen mit Ja beantwortet, muss nicht bei der Hotline des Gesundheitsamtes anrufen“, stellt das Landratsamt klar. Falls die dritte Frage in Kombination mit der ersten oder zweiten Frage zutrifft, liege dagegen ein begründeter Verdacht vor. Dann muss man die Nummer 0 70 31 / 6 63 35 00 wählen, und der Anrufer erhält vermutlich vom Amtsarzt einen Termin im Testzentrum in Herrenberg, heißt es in der Mitteilung.

Bei 500 Anrufern nur 55 Testempfehlungen

Panik und Hysterie gibt es unter den Anrufern laut Benjamin Lutsch nicht. „Manche haben Schnupfen und Halsweh und rufen deshalb an“, erklärt er. Oder es meldeten sich Menschen, die in Südtirol waren, sich aber gesund fühlten. Bei solchen Fällen kann der Behördensprecher eine Entwarnung geben: Sie müssten sich weder beim Gesundheitsamt melden noch sei ein Test auf das Coronavirus notwendig. Bei den mehr als 500 Anrufern am Wochenende wurden nur 55 Testempfehlungen ausgesprochen. Bis Donnerstagnachmittag sind im Kreis Böblingen 170 solcher Abstriche genommen worden. Am Freitag meldete das Gesundheitsamt zwei neue Fälle. Damit gibt es im Kreis Böblingen bislang drei Personen, die mit dem Corona-Virus infiziert wurden: Neben einem Mann aus Steinenbronn, bei dem bereits vor einer Woche die Krankheit aufgetreten ist, zählt jetzt auch eine Frau aus Aidlingen sowie ein Mann aus Herrenberg dazu. Die beiden haben im neuen Herrenberger Testzentrum einen Abstrich machen lassen.

Die Aidlingerin, die Anfang 50 ist, befindet sich laut dem Landratsamt mit milden Symptomen in häuslicher Isolation. Sie kam vergangene Woche von einem Aufenthalt in Südtirol zurück. Das Gesundheitsamt hat auch ihren Kontaktpersonen Quarantäne zu Hause angeordnet. Ein Mann im Teenager-Alter aus Herrenberg befindet sich ebenfalls in häuslicher Isolation, ohne Symptome aufzuweisen. Er war mit einer in Ulm wohnenden Person aus Südtirol zurückgekehrt, bei der das Virus schon einige tage zuvor nachgewiesen wurde. Einen Teil seines Umfeldes, mit dem er seither Kontakt hatte, ist bereits durch das Gesundheitsamt informiert und ebenfalls nach Hause geschickt worden. Der 28-Jährige aus Steinenbronn ist inzwischen aus dem Krankenhaus Tübingen nach Hause entlassen worden, auch er soll noch nicht unter die Menschen gehen. In den angrenzenden Landkreisen sind es mehr Fälle gewesen. „Bis jetzt sind wir noch glimpflich davongekommen“, sagt Benjamin Lutsch, „und wir hoffen, dass es so bleibt.

Unangemeldete Besucher werden weggeschickt

Wie sehr das Virus die Menschen verunsichert, zeigt sich auch an ungemeldeten Besuchern beim Herrenberger Testzentrum. Noch bevor die Container standen, seien dort schon die ersten Besucher aufgetaucht. Auch aus Tübingen, Freudenstadt und Stuttgart kamen laut dem Landratsamtssprecher Menschen angefahren, um einen Abstrich machen zu lassen. Sie hätten gehört, es handele sich um ein landesweites Testzentrum, lautete ihr Argument. Sie wurden aber allesamt wieder weggeschickt. „Wir wollen dort keinen großen Auflauf und kein Durcheinander, damit sich die Menschen nicht gegenseitig anstecken“, erklärt er. Getestet werden nur diejenigen, die einen Termin von der Hotline erhalten haben. Das Telefon im Böblinger Landratsamt ist werktags von 8.30 bis 16 Uhr besetzt. Um das Gesundheitsamt zu entlasten, gab es in der Kreisbehörde einen Aufruf, dass sich Mitarbeiter freiwillig für den Dienst am Hörer melden sollen. Schon nach 20 Minuten seien genug Helfer gefunden worden, berichtet Benjamin Lutsch. „Die Solidarität mit den Kollegen vom Gesundheitsamt ist groß“, sagt er. „Bei so vielen Anrufen brauchen sie einfach Unterstützung.“