Gerd Hertle, der Geschäftsführer der Stadtwerke Foto: Stadtwerke Böblingen

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wirft den Stadtwerken vor, die Fernwärmekunden irrezuführen. Sie habe keinesfalls erklärt, die Preiserhöhung sei okay.

Peter Aue, dem Sprecher der Böblinger Interessengemeinschaft (IG) Fernwärme, lässt es keine Ruhe: „Wenn der Geschäftsführer der Stadtwerke, Gerd Hertle, behauptet, die Verbraucherzentrale habe gegen die Erhöhung des Fernwärmepreise nichts einzuwenden, ist das eine glatte Lüge“, sagt er. Hertle hatte jüngst erklärt, die

Verbraucherzentrale habe Einblick in die Zahlen der Stadtwerke erhalten und nichts auszusetzen gehabt. Daraufhin hat sich Eckhard Benner von der Verbraucherzentrale zu Wort gemeldet und klargestellt: „Wir haben uns zu keinem Zeitpunkt gegenüber den Stadtwerken über die Preisanpassung und die Angemessenheit geäußert.“ Die Verbraucherzentrale sehe diese „einseitige Erhöhung ohne den Nachweis der Angemessenheit – wie viele Betroffene auch – als kritisch an“.

Die Stadtwerke hatten, wie berichtet, im vergangenen Jahr zum 1. August die Preise erhöht. Mit der Anhebung stiegen die jährlichen Kosten für die 8500 Haushalte in Böblingen durchschnittlich um insgesamt 21 Prozent. Aue und seine Mitstreiter legten im Februar deshalb Beschwerde bei der Energiekartellbehörde des Landes ein, 1500 Bürger hatten sich in eine Unterschriftenliste eingetragen. Die Behörde sei momentan dabei, einzelne Beschwerdefälle genau zu prüfen, sagt Aue. Bevor sich die IG Fernwärme im vergangenen Herbst formiert hatte, hatten laut Aue mindestens zwei einzelne Fernwärmekunden schon einmal eine Beschwerde eingelegt, die jedoch abgewiesen wurde.

Verbraucherzentrale: Das Gericht entscheidet

Die Stadtwerke haben jüngst Fernwärmekunden angeschrieben, die einer Preiserhöhung widersprochen und den erhöhten Rechnungsbetrag einbehalten hatten. „In diesem Schreiben suggerieren die Stadtwerke, die Verbraucherzentrale habe die Erhöhung geprüft und wäre zu dem Schluss gekommen, sie gehe in Ordnung. Das trifft nicht zu“, teilt Benner nun mit, „die Verbraucherzentrale hat bei einer Prüfung lediglich festgestellt, dass für sie nicht die Möglichkeit besteht, im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Rechtsinstrumente rechtlich gegen die Preiserhöhung vorzugehen“. Den Widerspruch ihrer Kunden gegen die Preiserhöhung auf diese Weise aushebeln zu wollen, sei an Dreistigkeit nicht zu überbieten, stellt Benner weiter fest. Das Vorgehen der Stadtwerke lege aus Sicht der Verbraucherzentrale nahe, „dass sie offensichtlich keine stichhaltigen Gründe für ihre Preiserhöhung hat“.

In dem Schreiben an die Fernwärmekunden suggerierten die Stadtwerke zudem, sie könnten selbst über die Zulässigkeit von Widersprüchen befinden. Doch das treffe ebenfalls nicht zu, erklärt Benner. Bei einem Widerspruch gegen die Preiserhöhung müsse letztendlich ein Gericht über die Zulässigkeit eines solchen und insbesondere über die Angemessenheit der Preiserhöhung urteilen. Ein entsprechendes Verfahren könne von den betroffenen Verbrauchern oder den Stadtwerken eingeleitet werden. Von dem Stadtwerke-Geschäftsführer Hertle war am Donnerstag keine Stellungnahme zu erhalten.