Nach einer Rekordbauzeit von 22 Monaten konnte der Unterricht an der High School in Böblingen pünktlich zum Schulbeginn starten. Der Bau gilt als Musterprojekt deutsch-amerikanischer Zusammenarbeit. Mehr als 65 Millionen Euro hat die US-Army investiert.
Böblingen - Es gibt sie doch noch – die Wunder, dass ein öffentlicher Bau pünktlich fertig wird und dazu noch keinen Euro mehr kostet als geplant. Zumindest gilt das für die beiden Schulneubauten, die die US-Army in den Wald gegenüber der Böblinger Panzerkaserne gestellt hat. Und nicht nur für Deutsche erscheint diese punktgenaue Eröffnung zum Schuljahresbeginn wie ein Wunder.
„Ich bin seit 25 Jahren in der Army, aber ich habe noch nie erlebt, dass ein Bauprojekt im Kosten- und Zeitrahmen bleibt“, staunte bei der Einweihung am Freitag auch Colonel Glenn Dickenson, der seinen Sitz in der Böblinger Panzerkaserne hat und als Bürgermeister für die 22 000 US-Armee-Angehörigen in der gesamten Region Stuttgart fungiert.
Er sowie alle anderen offiziellen Redner lobten diesen Erfolg als Ergebnis „einer sehr guten Teamarbeit“ – einer mit vielen Beteiligten: dem Bauamt sowie dem Schulamt der Army auf amerikanischer Seite, dem Staatlichen Hochbauamt Reutlingen sowie der Böblinger Kreis- und Stadtverwaltung auf deutscher Seite. Hinzu kommen die Architekten, der Generalunternehmer Wolff und Müller und viele Baufirmen.
Innovativer Neubau
Als sehr professionell erlebten Christian Gaus und Jörg Aldinger die Zusammenarbeit. Das Göppinger/Stuttgarter Architektenteam hatte die Neubauten geplant und war als Sieger aus einem Planungswettbewerb hervorgegangen. „Bei jedem neuen Baufortschritt gab es eine dreitägige Klausurkonferenz mit allen am Bau Beteiligten. Das waren Runden mit 50 bis 60 Leuten“, berichtete Aldinger. Da sei alles bis ins Detail besprochen worden. „Damit auch der Parkplatzplaner weiß, was der Elektro-Ingenieur macht.“
Herausgekommen ist ein Schulneubau, den die Amerikaner als sehr innovativ empfinden – so etwa die Bauweise mit Sichtbeton und die sehr hohen ökologischen Standards, die deutsche Richtlinien übertreffen. Deutsche Schüler, Eltern und Lehrer würden sich wohl verwundert die Augen reiben, wenn sie die aus Sicherheitsgründen mit einem Zaun abgeriegelte Schule betreten dürften. Über so viel Platz und eine solch großzügige Ausstattung verfügen hierzulande wohl noch nicht einmal teure Privatschulen.
1200 Schüler verteilen sich auf 23 000 Quadratmeter Nutzfläche. „Deutsche Schulen liegen bei dieser Schülerzahl weit unter 20 000 Quadratmetern“, erklärt der Architekt Gaus. Es gibt zwei Sporthallen, zwei Mensen und einen Theatersaal, der laut Aldinger ausgestattet ist „wie der einer mittleren Stadt“. Um die Außensportanlage dürften viele Vereine in der Umgebung die Schule beneiden: vier Tennisplätze, ein Fußball- und ein Basketballplatz sowie eine Top-Anlage für Leichtathleten. Neu und mit modernster Technik ausgestattet ist die Schule, aber das „Raumprogramm ist das gleiche wie in allen Schulen der Army in Europa“, sagt der Architekt Gaus. „Die Army legt Wert auf gute Schulen, um attraktiv für Mitarbeiter zu sein.“
Rund 1250 Schüler
Allerdings ist die Schule für amerikanische Teenager nicht nur Unterrichtstätte, sondern auch Lebensraum. Amy (Name geändert), eine Zehntklässlerin, die die Besucher am Freitag durch das Gebäude führte, verbringt täglich zehn Stunden in der Schule. „Unterricht habe ich von 8 bis 15 Uhr. Dann mache ich Sport.“ Die 15-Jährige ist leidenschaftliche Tennisspielerin, trainiert täglich zwei bis drei Stunden auf dem Court. „Und am Wochenende haben wir Turniere.“ Wie gefällt ihr die neue Schule? „Die supermoderne Technik ist toll.“ Das Gebäude sei aber noch etwas kahl, meint sie über die grauen Betonwände. „Die müssen wir noch mit Deko etwas farbiger machen.“
648 Jugendliche der Klassen neun bis zwölf besuchen die neue zentrale High School der US-Army für die Region Stuttgart. Außerdem drücken 610 amerikanische Kinder die Schulbank in der neuen Grundschule – eine von insgesamt drei in der Region. Spatenstich für die Neubauten war am 12. November 2013 gewesen. Auf 65,5 Millionen Euro summieren sich die Baukosten, hinzu kommen Nebenkosten für Planung und Genehmigungsverfahren.