Das Böblinger Kreiskrankenhaus steht mitten im Wald. Foto:Stadtmessungsamt Stuttgart, Montage: Klöpfer/Weber Foto:  

Mit Luftbildern von 1955 und 2015 zeichnen wir die Stadtentwicklung nach: In den 1960er-Jahren wurden die beiden Krankenhäuser gebaut. Schon bald werden sie Geschichte sein.

Böblingen/Sindelfingen - Viele Bäume mussten in den 1960er Jahren fallen, sowohl in Böblingen als auch in Sindelfingen. Sie fielen allerdings für einen guten Zweck. Beide Städte erhielten vor mehr als 50 Jahren neue Krankenhäuser, die beide mitten in den Stadtwald gebaut wurden.

Der Neubau der Kliniken war überfällig. Die Bevölkerung war nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Zuzug vieler Flüchtlinge rasant gewachsen. In Sindelfingen hatte sie sich mit dem Arbeitgeber Daimler allein zwischen 1955 und 1963 nahezu verdoppelt: von 15 000 auf 29 000 Einwohner. Viel zu eng und zu klein und keinesfalls den damaligen technischen und hygienischen Standards entsprechend waren die bestehenden Häuser: Das Krankenhaus am Böblinger Maienplatz platzte aus allen Nähten. Auch in Sindelfingen war das in den 1920-er Jahren von der nach Amerika ausgewanderten Sindelfingerin Minna Moscherosch-Schmidt gestiftete Krankenhaus längst zu klein geworden. Die Geburtenstation hatte man schon lange in die Villa Wittmann ausgelagert. Trotzdem fehlte es überall an Platz im Haus, das an der Stelle des heutigen Rathauses stand.

Die Waldlage, einst bewusst gewählt, gilt heute wegen des Verkehrs als problematisch

Die Lage im Wald galt damals als besonders gesundheitsfördernd – wegen des Klimas und der Ruhe. Und wenn es den Patienten besser ging, konnten sie bei Waldspaziergängen den Heilungsprozess fördern. Heute gilt die Lage der Kliniken als nicht mehr so ideal. Durch den dichten Verkehr der Innenstadt müssen sich die Rettungswagen quälen, wenn sie Notfallpatienten bringen – und stehen oft im Stau. In Sindelfingen haben sie im Winter bei Glätte zudem noch Schwierigkeiten mit der steilen Anfahrt den Berg hinauf.

Ansicht des Böblinger Kreiskrankenhauses:

Als erstes wurde das Sindelfinger Krankenhaus fertiggestellt. Die offizielle Eröffnung war am 31. Mai 1963. 265 Betten hatte der Neubau – fünfmal so viele wie in der alten Klinik. Die Baukosten summierten sich auf rund 21 Millionen D-Mark. Mehr als doppelt so teuer war die Böblinger Klinik, die vier Jahre später in Betrieb ging: 46, 5 Millionen D-Mark und damit weit teurer als ursprünglich geplant. Weitere 300 000 Mark konnten eingespart werden, weil die US-Armee mit ihren Soldaten und Maschinen 3000 fest im Boden verwurzelte Baumstümpfe ausriss. Als Lohn genügte den Männern täglich eine schwäbische Mahlzeit und viel Bier gegen die Hitze des Augusts.

Bald kommt die Zentralklinik

Träger der Sindelfinger Klinik war die Stadt, für das Böblinger Haus war der Kreis zuständig. Unterstützt wurde er von der Stadt Böblingen, die kostenlos das Grundstück zur Verfügung stellte. Die Kapazität der neuen Kliniken reichte nicht lange, immer wieder gab es Anbauten und Erweiterungen.

Ansicht der Sindelfinger Klinik:

Doch nun naht ein Ende: Beide Häuser, nur drei Kilometer Luftlinie voneinander entfernt, gehören mittlerweile dem Kreis, und dieser will sie zusammenlegen. Im Jahr 2024 soll die zentrale Klinik fertig sein.

Gebaut wird nun nicht mehr abseits im Wald, sondern verkehrsgünstig gelegen auf dem Flugfeld, direkt an der Autobahn und dem Bahnhof. Auch wenn Kritiker den Wald vermissen: Zeit für Spaziergänge wie anno dazumal haben die Patienten eh nicht mehr: Verbrachten sie 1963 im Schnitt noch 17 Tage in der Klinik, sind es heute gerade mal noch fünf.

Hier können Sie weitere Luftbild-Motive aus dem Kreis Böblingen ansehen.