Eltern sind mit ihrem Nachwuchs Foto: factum/Weise

Die Population steigt, weil Junge geschlüpft sind. Die Tiere sorgen für Kothaufen, über die sich manche Spaziergänger beschweren. Die Stadt muss die Wege jetzt öfter reinigen.

Böblingen - Für manche Besucher sind die tierischen Gäste eine Bereicherung und Anlass zur Freude. Für manche Spaziergänger am Oberen See in Böblingen sind sie aber auch ein Ärgernis. Graugänse in hoher Zahl haben sich dort erneut niedergelassen. Zuletzt hatten Mitarbeiter der Stadtverwaltung 90 Tiere gezählt, die sich auf den Rasenflächen und den Wegen tummeln. Darunter sind inzwischen auch 35 Jungtiere, die in den vergangenen Tagen geschlüpft sind. Barbara Mischke, die Abteilungsleiterin des Amtes für Umwelt und Grünflächen, geht davon aus, dass die Brutzeit nun zu Ende ist. Entwarnung kann aber noch keine gegeben werden.

Unliebsame Hinterlassenschaften

„Wir nehmen an, dass es bei der Population bleibt“, sagt die städtische Mitarbeiterin. Ganz sicher ist sie aber nicht. Denn an anderen Gewässern in der Region wie etwa am Max-Eyth-See in Stuttgart, am Fuße von Weinbergen zwischen Mühlhausen und Hofen, ist die Spezies ebenfalls stark vertreten. So zahlreich, dass die Tiere Ausweichquartiere suchen – wie eben die Böblinger Seen. Dort ernähren sie sich von Kleintieren im Wasser oder sie fressen ganz einfach Gras. Und sie sorgen für unliebsame Hinterlassenschaften auf den Spazierwegen und den Wiesen.

Die Parkbesucher tun derzeit gut daran, aufzupassen, wohin sie treten. So manche Rasenfläche ist mit Kothaufen übersät. Radfahrer, die gerne den Weg durch den Park nehmen, sollten ebenfalls auf der Hut sein. Weil ihnen jederzeit Gänse in die Quere kommen könnten, die zwischen dem Seeufer, dem Bootshaus und dem Spielplatz hin und her watscheln. Städtische Mitarbeiter versuchen derzeit – zumindest was die Wege anbetrifft – das Problem der „Tretminen“ in den Griff zu bekommen. Sie rücken häufiger als sonst aus, um die Pfade zu säubern.

Graugänse sind geschützt

Schon seit einiger Zeit tut die Stadt was sie kann, um der Population etwas entgegenzusteuern. Das Schilf wird nicht gekürzt, damit den Tieren die Sicht auf den See erschwert wird. Zudem wurde am Spielplatz aus Röhricht ein Hindernis geschaffen, um den Tieren den Ausstieg aus dem Wasser zu erschweren. Auch die Brutmöglichkeiten auf der Insel im Oberen See sollen eingeschränkt werden. Wie – das wird noch festgelegt werden müssen. Zumeist brütet das Muttertier vier bis sechs Eier aus. Das Männchen hält sich währenddessen in der Nähe des Nestes auf. Nach knapp einem Monat schlüpfen die Jungen, deren Aufzucht etwa 50 bis 60 Tage dauert. In der Regel bleiben die Jungtiere bis zur nächsten Brut bei ihren Eltern.

Rigorose Maßnahmen, die Nachwuchsproduktion zu unterbinden sind per Gesetz ausgeschlossen. Graugänse sind geschützt und dürfen nicht vertrieben werden. Verboten ist es auch, die Eier aus den Nest zu entfernen. So fühlen sich die gefiederten Gäste auch in Böblingen pudelwohl und reagieren gegenüber den Parkbesuchern meist sehr zutraulich. Auch weil sie mit Brotresten gefüttert werden – obgleich Verbotsschilder aufgestellt worden sind. Die Gänse werden obendrein besonders von jüngeren Parkbesuchern geschätzt. „Eltern sollten auf ihre Kinder aufpassen. Wenn sie die Tiere streicheln wollen, können sie schon einmal zwicken“, sagt Mischke. Das gilt vor allem für Muttertiere, die ihre Jungen schützen wollen.

Die Tiere ziehen wieder in wärmere Gefilde

Schon in den Jahren zuvor hatten sich an den Böblinger Seen zahlreiche Graugänse niedergelassen. „Woher sie alle kommen, wissen wir letztlich nicht“, berichtet Mischke. Mitte Juli, Anfang August ist der Aufenthalt der Tiere wieder beendet. Sie ziehen dann weiter Richtung Süden in wärmere Gefilde.

Bis zu 90 Zentimeter gross

Tierart:
Die Graugans gehört zur Familie der Entenvögel. Sie zählt zu den häufigsten Wasservögeln und ist die zweitgrößte Gänseart in Europa. Graugänse sind die wilden Vorfahren der domestizierten Hausgänse. Sie werden bis zu 90 Zentimeter groß und erreichen eine Flügelspannweite von bis zu 1,80 Metern.

Verbreitung:
Die Tiere sind in fast ganz Europa anzutreffen. Sie brüten häufig nordöstlich einer Linie von der französischen Hafenstadt Dunkerque bis Patras in Griechenland und überwintern an der Westküste der iberischen Halbinsel, an den Nordküsten von Algerien und Tunesien sowie an den Küsten der Adria. Große Populationen rasten regelmäßig im österreichischen Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel.