Wo ist die Wahrscheinlichkeit eines Wohnungseinbruchs am größten? Klicken Sie sich durch die Landkreise der Region. Foto: Foto: dpa

Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist 2009 deutlich gestiegen - in der Region um 16 Prozent.

Stuttgart - Zimmer durchwühlt, Geld und Schmuck weg: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen - in der Region Stuttgart um 16 Prozent. Die schlechteste Nachricht kommt aus dem Kreis Böblingen: Dort gab's etwa 60 Prozent mehr Einbrüche.

Alarmstimmung im Land. Nicht nur im süd- und nordbadischen Raum haben Einbrecher verstärkt zugeschlagen, wo sich entlang der Rheinschiene die Straftaten verdoppelten. Auch im Großraum Stuttgart gibt es ein ähnliches Phänomen. Böblingen teilt das Schicksal mit Freiburg oder Karlsruhe: Hier wie dort sind 2009 Banden aus Frankreich angereist, um Wohnungen zu plündern. Auch im Kreis Esslingen, wo eine Steigerung von gut 38 Prozent registriert wurde, sind offenbar Banden am Werk. Die allerdings kommen nach Ansicht der Ermittler aus dem Osten Europas.

Organisierte Täter verderben Statistik

"Die Entwicklung ist regional sehr unterschiedlich", hat der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech jüngst festgestellt. Die Zahlen in der Region Stuttgart belegen das. Im Rems-Murr-Kreis gab es 2009 nur einige Einbrüche mehr als im Jahr davor, in den Landkreisen Ludwigsburg und Göppingen waren es sogar weniger. Die Landeshauptstadt dagegen hat in der Polizeistatistik eine Zunahme von gut zehn Prozent zu verzeichnen.

Warum das so ist? "Es gibt immer wieder Gruppen, die einen Landkreis abgrasen", erklärt der Esslinger Polizeisprecher Fritz Mehl. Der Schaden geht in die Millionen. Die Täter baldowern die Gegend aus, schlagen zu und verschwinden wieder. "Nach kurzer Zeit", so Mehl, "wird dann das Revier gewechselt." Die Zusammenhänge fallen den Ermittlern dann erst mit zeitlicher Verzögerung auf. Manchmal sind es aber auch nur die Statistiker, die für steigende Zahlen in den Polizeistatistiken sorgen: Die Rekordzahl von mehr als 700 Wohnungseinbrüchen 2004 im Kreis Ludwigsburg "war vor allem ein Erfassungsstau", sagt Ludwigsburgs Polizeisprecher Peter Widenhorn. Einige Fälle aus dem Jahr davor waren erst mit Verspätung erfasst worden. Freilich hatte damals eine reisende Tätergruppe die Lage im Jahr 2004 weiter verschärft.

Diesmal haben organisierte Täter vor allem der Polizei im Kreis Böblingen die Statistik verdorben. 60 Prozent mehr Einbrüche ist bitter - für die Schutztruppe und die Opfer. Freilich kommt der steile Anstieg von weit unten. 165 Wohnungseinbrüche im Jahr 2008 waren nämlich der niedrigste Wert im Zehn-Jahres-Vergleich. Jetzt sind es 100 Fälle mehr. Allerdings beträgt der materielle Schaden rund zwei Millionen Euro. 2008 war er mit 437.000 Euro deutlich geringer ausgefallen.

Ermittlungsgruppe Wohnungseinbruch aufgelöst

Schon der große Unterschied beim Schaden zeigt: Hier waren organisierte Profis am Werk, die es nicht auf Kleinkram, sondern gezielt auf Bargeld und wertvollen Schmuck abgesehen haben. Die mutmaßliche Bande aus Frankreich hat verstärkt im Raum Leonberg gewütet, aber offenbar auch die Gegend um Herrenberg unsicher gemacht. Die Täter sind stets über Fenster oder Terrassentüren eingedrungen. Die Tatorte liegen jeweils nahe der Autobahn - mit schnellen Fluchtwegen.

In einer bekannt guten Wohnlage in Leonberg hat die Bande am 5. Dezember 2009 fette Beute gemacht. Vier Männer schleppten einen 125 Kilogramm schweren Tresor mit Dokumenten, Bargeld und Schmuck aus dem Haus. Auch in Nufringen bei Herrenberg verschwand Mitte November ein gut gefüllter Tresor. Das Diebesgut hatte jeweils einen Wert von mehreren Zehntausend Euro - und verschwand auf Nimmerwiedersehen.

Ermittlungsgruppe Wohnungseinbruch aufgelöst

Dass die Panzerknacker mutmaßlich aus Frankreich angereist waren, wurde schnell deutlich. An einem Tatort wurde eine französische Kaugummipackung gefunden, außerdem waren Autos mit Kennzeichen aus dem Nachbarland verschiedenen Zeugen aufgefallen, weiß der Böblinger Polizeisprecher Uwe Vincon. Die dazugehörigen Täterbeschreibungen sind eher vage. Von Männern, so 20 bis 25 Jahre alt, schlank und etwa 1,80 Meter groß, ist die Rede. Bisher ist den Ermittlern kein mutmaßliches Bandenmitglied ins Netz gegangen. Nicht mal jeder fünfte Einbruch wurde 2009 aufgeklärt. Die Quote betrug 17 Prozent.

Noch schlechter, 13,4 Prozent, ist die Aufklärungsquote in der Landeshauptstadt, die ebenfalls von einer Einbruchswelle heimgesucht wurde. 641 registrierte Fälle in Stuttgart, eine Zunahme von mehr als zehn Prozent, sind dabei nicht einmal die ganze Wahrheit. Denn noch etwa 200 Anzeigen sind noch gar nicht bearbeitet und in der Statistik erfasst worden. Grund: die Ermittlungsgruppe Wohnungseinbruch wurde aufgelöst und umstrukturiert.

Das neu formierte Dezernat für Wohnungseinbruch und Trickbetrug hat reichlich aufzuholen - und in jüngster Zeit auch Erfolge. Dank eines aufmerksamen Zeugen wurden vor wenigen Tagen zwei 36 und 44 Jahre alte Ungarn festgenommen, die in Bad Cannstatt Wohnhäuser ausgespäht hatten. Nach ihrer Festnahme wurden in ihrem Hotelzimmer Beutestücke aus diversen Einbrüchen sichergestellt. Die Taten reichen bis September 2008 zurück.