Stehen leer: die Container in Leonberg-Warmbronn Foto: factum//Simon Granville

Böblingen muss bis zum Jahresende rund 60 Flüchtlinge aufnehmen. Weil Zauneidechsen den Baustart eines geplanten Neubaus verzögert haben, sollen nun Container angeschafft werden. Bürger haben allerdings eine Online-Petition gegen den Standort gestartet.

Böblingen - Während das Landratsamt die Zahl seiner Flüchtlingsheime kontinuierlich reduziert, müssen manche Kommunen aufstocken. Aus der Situation ergibt sich ein praktischer Handel: Böblingen und Weil der Stadt kaufen dem Kreis leer stehende Wohncontainer ab. Das finanziell klamme Weil der Stadt spart sich damit einen Neubau, Böblingen hingegen viel Zeit. Denn die Stadt muss bis Jahresende Raum für rund 60 Menschen schaffen. Als Standort für die Container wurde eine Fläche an der Kremser Straße ausgemacht. Doch dagegen gibt es im Internet Widerstand: Eine Online-Petition gegen den Platz hat mehr als 800 Unterstützer gefunden.

Die Kapazitäten der Stadt sind erschöpft

„Die Unterbringungskapazitäten der Stadt Böblingen sind erschöpft“, lautet die Erklärung für den Gemeinderat. Die Situation besteht bereits seit geraumer Zeit: Um die Quote zu erfüllen, hat sich Böblingen in Holzgerlingen eingemietet und eine dortige Flüchtlingsunterkunft mitsamt ihren Bewohnern übernommen. Doch der Mietvertrag läuft zum Jahresende aus. Eigentlich hätte ein Neubau in Dagersheim Abhilfe schaffen sollen, doch auf dem Grundstück wohnten schon Zauneidechsen. Die geschützten Tiere mussten erst umgesiedelt werden, bevor mit den Bauarbeiten überhaupt begonnen werden konnte, was nun geschehen soll.

Als Notlösung hat die Verwaltung nun ein Grundstück an der Kremser Straße präsentiert. Es gehört der Stadt, und der Bebauungsplan erlaubt eine derartige Nutzung. Außerdem sei es die einzige Fläche, auf der sich die Flüchtlingsunterkunft so schnell aufbauen lasse. Die Container könnten später wieder relativ problemlos abgebaut werden, argumentiert die Verwaltung. Anschließend würde sich das Gelände für Wohnungsbau anbieten.

Ein Flüchtlingsheim für 1,2 Millionen Euro

Für den Kauf, den Umzug und das Aufstellen der Container sind rund 1,2 Millionen Euro einkalkuliert. Die Investition würde auch eine Verschwendung von öffentlichem Geld verhindern: Eine komplett ausgestattete Flüchtlingsunterkunft hatte das Landratsamt im Mai 2016 im Leonberger Stadtteil Warmbronn aufgestellt inklusive Kühlschränke und Waschmaschinen, die zum Betrieb bereit sind. Nur gewohnt hat dort nie jemand. Allerlei Folgenutzungen sind für die Siedlung schon diskutiert und untersucht worden, darunter ein Studentenwohnheim, aber nichts ließ sich umsetzen. Weil der Stadt bezieht seine Container hingegen aus Weil im Schönbuch und bezahlt 950 000 Euro an das Landratsamt für die Umsetzung.

Ob der Deal mit Böblingen stattfindet, entscheidet der Gemeinderat am Mittwoch, 9. Oktober. In den Ausschüssen haben die Stadträte den Plan bereits einstimmig befürwortet. Einige Bürger sind mit dem Standort jedoch nicht einverstanden: Sie startete eine Online-Petition, die aktuell 865 Unterstützer hat. Ihr Gegenargument ist die Nähe der Flüchtlingsunterkunft zum Schulzentrum Stockbrünnle. Dort befinden sich die Friedrich-Schiller-Realschule mit etwa 580 Schülern und die Theodor-Heuss-Werkrealschule mit rund 220 Jungen und Mädchen.

Falscher Standort gegenüber einer Schule?

Die Initiatoren der Petition gehen davon aus, dass in die Container ausschließlich männliche Bewohner einziehen sollen. „Die Frage ist, ob es sinnvoll ist, junge, geflüchtete und kriegstraumatisierte Männer ausgerechnet direkt gegenüber eines Schulzentrums zu platzieren“, schreiben sie zu ihrer Unterschriftensammlung im Internet. „Es geht um unsere Kinder“, heißt es dort: „Geflüchteten helfen? Ja gerne! Aber nicht gegenüber einer Schule!“ Sie fordern die Stadtverwaltung dazu auf, einen geeigneteren Platz für das Containerdorf zu finden.