Er ist der Favorit auf den WM-Titel, doch Johannes Lochner wird im Moment von einer Grippe geplagt. Foto: dpa-Zentralbild

Ausgerechnet vor dem Bob-WM am Königssee wird Mit-Favorit Johannes Lochner von der Grippe geplagt. Durch die Erkrankung wird es möglicherweise nichts mit einem packenden Zweikampf zwischen dem Bayern Lochner und dem Sachsen Francesco Friedrich.

Königssee - Natürlich hat sich Johannes Lochner die Vorbereitung zu dieser WM ganz anders vorgestellt. Die Titelkämpfe sollten seine Weltmeisterschaften werden. Denn statt in Sotschi finden sie, wegen des staatlich gelenkten Dopings in Russland, kurzfristig vor seiner Haustür am Königssee statt. Auf seiner Heimbahn. Da sollte es doch klappen mit seinem ersten Titel nach zwei Silbermedaillen in den vergangenen beiden Jahren.

Zu Beginn dieser Woche ging Lochner jedoch zum Arzt statt zum Training. Vitaminspritzen sollen dem Bobpiloten aus Schönau wieder auf die Beine helfen. Denn ausgerechnet vor den Saisonhöhepunkt ist bei ihm die Grippe voll ausgebrochen. „Seine Energiekurve ist die vergangenen Tage ganz weit nach unten gegangen“, sagt René Spies. Doch der Bundestrainer ist optimistisch: „Es besteht Hoffnung.“

„Die Welt fährt um Platz drei“

Nicht nur gesundheitlich macht Johannes Lochner gerade schwere Zeiten durch. Der Pilot des Bob-Club Stuttgart-Solitude war bei der WM-Generalprobe in Innsbruck-Igls vor dem ersten Lauf im Vierer disqualifiziert worden, weil seine Kufen um 0,2 Grad zu warm waren. „Jo mei“, sagte Lochner achselzuckend, „das ist ärgerlich, aber passiert.“ Andere haben dem Bayern mangelnde Cleverness vorgeworfen, weil er keinen Protest eingelegt habe und damit Zeit gewonnen hätte. „Alles Quatsch“, sagt Spies, „die Jury war sehr kulant.“

Nun steht die Weltmeisterschaft an. „Die Welt fährt um Platz drei“, hat Ex-Bundestrainer Raimund Bethge im Vorfeld angesichts der beiden überragenden deutschen Piloten prophezeit. Durch die Erkrankung wird es möglicherweise nichts mit einem packenden Zweikampf zwischen dem Bayern Lochner und dem Sachsen Francesco Friedrich.

Das Bobfahren gehört zur Familie

So oder so, auch wenn beide Piloten topfit gewesen wären, der Zweikampf hätte nur im Eiskanal stattgefunden. Nicht außerhalb. Dazu sind beide zu unterschiedliche Charaktere. Lochner ist ein Gaudibursch, immer zu einem Spaß aufgelegt. Und sehr kommunikativ. Deshalb hat Trainer Spies seinem Athleten in der vergangenen Woche auch ein Handyverbot erteilt. Bei Friedrich war so eine drastische Aktion nicht nötig. Der Sachse weiß selbst, wann er was zu tun und zu unterlassen hat. Er gilt als Perfektionist.

Auch ihre Laufbahn hat völlig unterschiedliche Verläufe genommen. Friedrich gilt bereits als der Etablierte, während Lochner noch das Attribut Neuling anhaftet. Dabei sind beide im Jahr 1990 geboren, also gleich alt. Friedrich fährt bereits seit 2007 Bob, Lochner sitzt seit 2013 an den Lenkseilen. Doch erst in diesem Winter bestreitet er seine erste komplette Weltcupsaison. Dabei gehört Bobfahren zur Familie. Sein Onkel Rudi Lochner wurde 1991 Weltmeister, gewann im Jahr darauf Silber bei Olympia.

Ebenso wie sein Onkel ist auch Johannes Lochner mit reichlich Talent gesegnet. Friedrich muss sich alles hart erarbeiten, betreibt auf der Suche nach der perfekten Linie stundenlang Videoanalyse. Lochner ist der Selfmade-Mann. „Keiner im Verband weiß, was ich an Material habe und was ich fahre“, so der Elektrotechnik-Student, der von seinem Club großzügig unterstützt wird. Und ergänzt: „Keiner hat sein Material besser im Griff als ich.“ Ausnahmen bestätigen die Regel, siehe Innsbruck.