Noch immer ungestüm: Bob Geldof im Hof des Alten Schlosses in Stuttgart Foto: Reiner Pfisterer

Bob Geldof ist ein wilder Rocker geblieben. Im Hof des Alten Schloss, wo er bei den Jazz Open gastierte, hat er sich sichtlich wohlgefühlt.

Stuttgart - Bob Geldof ist kein Jazzer. Dennoch ist er am Sonntag bereits zum zweiten Mal zu Gastbeim Jazz Open. Vielleicht ist gerade deshalb der erste Song, den er mit seiner Band im Hof des Alten Schlosses spielt, „The great Song of Indifference“, das große Lied der Gleichgültigkeit.

Für eine indifferente Haltung war der Sänger der Boomtown Rats nie bekannt. Im Gegenteil. Seine Band löste sich vor mehr als dreißig Jahren auf, Geldof aber blieb in Erinnerung als Initiator des Live-Aid-Festivals. Am Sonntagabend nun entdeckt man staunend, dass er ein schneidend wilder Rocker geblieben ist, der über die Bühne springt und kehlige Schreie ausstößt, der mit seiner fünfköpfigen Band rasanten Irish-Folk-Punk spielt und noch immer kein Blatt vor den Mund nimmt.

Er verspottet Trump, den Brexit und den Jazz

Zustatten kommt Geldof die neue Bühne des Jazz Open, das nicht ganz ausverkaufte Alte Schloss. Auf der Open-Air-Bühne am Mercedes-Benz-Museum wirkte er vor drei Jahren deplatziert; Schwärme von Business-Gästen zogen noch nach Konzertbeginn an der Bühne vorbei und brachten den Künstler in Rage. Nun trägt er ein Grinsen im Gesicht und denselben dunkelgrünen Anzug wie damals. Er spottet über Trump, den Brexit, den Jazz und spricht von den Gräueln der Nachrichtensendungen, denen er gemeinsam mit John Lee Hooker und einer Flasche Whisky trotzte. Und er erinnert sich an seinen letzten Stuttgart-Auftritt: „It was fucking great.“

Vince Lovepump heißt der Mann, der die Violine spielt, ein Folk-Instrument, in dessen Klang sich krachende Gitarren mischen, unter den sich schwere Orgelteppiche schieben. Geldof bringt neben alten Hits auch einige neue Stücke. Er dreht sich hysterisch im Kreis, breitet die Arme aus, singt seinen bitteren Amok-Hit „I don’t like Mondays“ und auch „Banana Republic“, seine Abrechnung mit der korrupten Politik Irlands. Geldof fühlt sich in der Stadt sichtlich wohler als noch vor Jahren, was er das Publikum spüren lässt. Der erste Song des Abends wird auch der letzte sein – und dieses Mal singt das Publikum den wortlos heiteren Refrain des gleichmütigen Trinklieds lauthals mit. Auf das Chaos in der Welt kann es nur eine Antwort geben, sagt Bob Geldof – das ist der Rock’n’ Roll.