Noch am Abend des 13. Februar wird einer der drei Angeklagten in Plochingen von einer zivilen Streife festgenommen. Foto: /7aktuell.de | Simon Adomat

Im Februar dieses Jahres hat es zwei aufeinander folgende blutige Auseinandersetzungen gegeben – in Plochingen und in Nürtingen. Die mutmaßlichen Täter sollen der 2013 verbotenen Straßengang „Red Legion“ nahestehen. Gegen drei junge Männer hat am Dienstag der Prozess am Landgericht Stuttgart begonnen.

Plochingen/Stuttgart - Nach nur 45 Minuten im Gerichtssaal ist die Auftaktsitzung eines Prozesses mit Schwerpunkt Bandenkriminalität am Landgericht Stuttgart beendet. Keiner der drei Angeklagten, denen unter anderem gemeinschaftlicher versuchter Totschlag, beziehungsweise die Anstiftung dazu, vorgeworfen wird, war am Dienstagvormittag zu einer Aussage bereit.

Die 20, 21 und 19 Jahre alten Männer, die laut Staatsanwaltschaft der 2013 verbotenen Straßengang „Red Legion“ nahestehen, sollen am Donnerstag, 13. Februar, an einer blutigen Auseinandersetzung in Plochingen beteiligt gewesen sein. Die Tat am 13. Februar steht offenbar auch im Zusammenhang mit einem versuchten Tötungsdelikt am 8. Februar in der Nürtinger Innenstadt. Die Staatsanwaltschaft vermutet bei der Tat in Plochingen einen Vergeltungsschlag der am Dienstag anwesenden Angeklagten gegen eine Esslinger Gang. Beide Vorfälle hatten große Polizeieinsätze, teils mit Beteiligung des SEK, ausgelöst.

Opfer wird lebensgefährlich verletzt

Nachdem einige Tage zuvor zwei Mitglieder der Stuttgarter Gruppierung bei einer Schlägerei in der Nürtinger Innenstadt mutmaßlich durch die Esslinger Gang verletzt worden waren – die Gerichtsverhandlung zu diesem Vorfall läuft noch – soll der 19-jährige Angeklagte am 13. Februar den 20-jährigen Angeklagten telefonisch beauftragt haben, sich mit zwei Freunden in Plochingen zu treffen, um dem Friseursalon des Gegners einen Besuch abzustatten. Dabei sollen sie mit einem Messer und mit Pfefferspray bewaffnet gewesen sein.

Wie der Vertreter des Staatsanwaltschaft aus der Anklageschrift zitierte, habe der Inhaber die Situation erkannt und sei den drei Männern vor dem Laden begegnet. Er habe versucht zu fliehen, woraufhin die Angeklagten ihn gegen 16.11 Uhr zu Boden gerungen, ihm Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und auf ihn eingestochen hätten. Laut Staatsanwaltschaft erlitt das Opfer drei Stichverletzungen. Bei einer davon sei der Darm verletzt worden. Das Opfer habe dadurch zwei Liter Blut verloren und wäre ohne eine Notoperation gestorben.

Angeklagte schweigen sich aus

Die mutmaßlichen Täter seien daraufhin vom Tatort geflohen, „aus Angst vor Ergreifung“, wie der Staatsanwalt sagte. Zwei Brüder aus der Esslinger Gruppe hätten die Verfolgung aufgenommen. Der 21-jährige Angeklagte sei in der Esslinger Straße vor der Kreissparkasse eingeholt worden, wo er von seinen Verfolgern verletzt wurde – unter anderem erlitt er einen Durchschuss am Oberschenkel.

Zwei der Angeklagten – der 20-Jährige und der 21-Jährige – sitzen seit Februar in Untersuchungshaft. Der 19-Jährige, dem vorgeworfen wird, die beiden anderen zu dem Verbrechen angestiftet zu haben, ist auf freiem Fuß. Die Verteidiger der Angeklagten teilten am Dienstag mit, dass sich ihre Mandanten erst in einem späteren Termin zur Sache und zu ihren persönlichen Verhältnissen äußern würden – wenn überhaupt.

Verteidiger kritisiert Staatsanwaltschaft

Einer der beiden Verteidiger des 20-Jährigen wandte sich noch mit scharfen Anschuldigungen an die Staatsanwaltschaft. Dem Bäcker-Azubi werden zusätzlich zu dem gemeinschaftlichen versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung noch der Besitz und das Mitführen einer halb automatischen Kurzwaffe – diese wurde nach der Tat in Nürtingen bei ihm gefunden – sowie das Handeln mit Betäubungsmitteln vorgeworfen. Der Rechtsanwalt warf der Staatsanwaltschaft vor, sie habe die Angaben, die der 20-Jährige bei seiner polizeilichen Vernehmung gemacht hatte, „bewusst entstellt“. Es sei „ein dritter Täter erfunden“ worden, um seinen Mandanten belasten zu können. Auch sei die Tatzeit in der Anklageschrift falsch. Tatsächlich spricht der Polizeibericht von 16.45 Uhr anstatt 16.11 Uhr. Als Alibi für seinen Mandanten gab er an, dass dieser zum fraglichen Zeitpunkt mit seinem Handy telefoniert habe. Der Verteidiger stieß sich noch an weiteren Punkten der Anklage. Zudem bemängelte er, dass sein Mandant nun schon „seit acht Monaten ohne dringenden Tatverdacht“ in Untersuchungshaft sitze.

Der Prozess wird am Montag, 26. Oktober, um 9 Uhr fortgesetzt.