Der Tatort in der Danziger Straße wurde abgesperrt. Foto: 7aktuell/Simon Adomat (Archiv)

Das Landgericht Stuttgart hält den Angeklagten wegen einer chronisch schizophrenen Psychose für vermindert schuldfähig. Er habe jedoch in Tötungsabsicht gehandelt.

Es war eine Tat, die in Ludwigsburg für Erschütterung gesorgt hat. Am helllichten Tag Anfang August vergangenen Jahres wurde ein 79-jähriger Mann in der Danziger Straße ohne erkennbaren Grund mit mehreren Messerstichen hinterrücks attackiert und dabei so schwer verletzt, dass er kaum eine Stunde später im Ludwigsburger Krankenhaus verstarb.

Zehn Monate später hat das Landgericht Stuttgart nach acht Verhandlungstagen nun einen 44-jährigen Mann verurteilt: Er muss für zwölf Jahre ins Gefängnis und wird im Zentrum für Psychiatrie in der Weissenau längerfristig untergebracht, wo er bereits seit einigen Monaten behandelt wird. Mit dem Urteil entsprach die Schwurgerichtskammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft, Verteidiger Markus Bessler hatte auf Freispruch und Unterbringung in der Psychiatrie wegen Schuldunfähigkeit plädiert.

Angeklagter leidet unter einer chronisch schizophrenen Psychose

Die Frage der Schuldfähigkeit war der zentrale Aspekt in diesem Prozess. Selbst der renommierte Gutachter Peter Winckler räumte ein, dass der Angeklagte, der sich im Prozess darauf beschränkt hatte, sich für nicht schuldig zu erklären, ein schwieriger Fall sei. In seiner Urteilsbegründung kam der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann zum Ergebnis, dass der Angeklagte nicht als schuldunfähig, aber als vermindert schuldfähig einzustufen sei. Er leide an einer chronisch schizophrenen Psychose und sei bei der Tat in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen. „Seine Einsichtsfähigkeit war jedoch vorhanden“, sagte Winkelmann, „die Vielzahl der Stiche zeigt, dass er in Tötungsabsicht gehandelt und die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers ausgenutzt hat.“

Nach Ansicht des Gerichts hatte der Mann die Sozialunterkunft, in der er in Ludwigsburg lebte, am Vormittag zwischen 9 und 10 Uhr verlassen. Um 14.07 Uhr kaufte er in einem Geschäft in der Friedrichstraße ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 20 Zentimetern. Fünf Minuten später traf er in der Oststadt auf den 79-Jährigen, der im Gespräch mit einer Bekannten und deren Tochter war. „Er war als lieber Opa bekannt, der Angeklagte hatte ihn zuvor noch nie gesehen“, erläuterte Winkelmann. Ohne ein Wort fügte der 44-Jährige dem Rentner sieben Messerstiche in Nacken, Rücken und Brust zu, als dieser sich umdrehte.

Die Frau floh mit ihrer Tochter in ein Tattoostudio, der Angeklagte machte sich mit seinem Rucksack davon. Dabei wurde er gefilmt, das Video verbreitete sich in den sozialen Medien. Kurz vor 21 Uhr am Abend erkannten zwei Frauen den Angeklagten in einem Schnellimbiss in Stuttgart-Mühlhausen und verständigten die Polizei. Diese konnte den Mann kurz darauf an einer Haltestelle in einer Stadtbahn festnehmen. „Dabei wirkte er teilnahmslos und leistete keinerlei Widerstand“, schilderte Winkelmann.

Es gibt keine Hinweise auf akute Wahnvorstellungen

Der Vorsitzende Richter führte weiter aus, der Angeklagte habe den ermittelnden Beamten nichts über seine Motive verraten, sodass es keine Hinweise auf akute Wahnvorstellungen wie Stimmen oder Ähnliches gebe. Der 79-Jährige sei ein reines Zufallsopfer gewesen, der Mord möglicherweise eine Spontantat. Gegen den Angeklagten spreche, dass er vielfach vorbestraft sei und traumatisierte Frauen und Kinder hinterlassen habe. Er müsse auch in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden, da von ihm weiter gefährliche Straftaten zu befürchten seien. Die Unterbringung habe auch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können, so Winkelmann, da der 44-jährige Mann derzeit mit hoch dosierten Neuroleptika behandelt werde, ohne dass dies bei ihm zu einer Krankheitseinsicht führe.