Das Marilyn-Monroe-Biopic „Blond“ mit Ana de Armas ist der erste Netflix-Spielfilm ab 18 – und sowohl der Darstellerin als auch der Dargestellten unwürdig.
Die Kubanerin Ana de Armas hat Marilyn Monroes Mimik, Haltung und zuckrige Stimmlage studiert; zum Verwechseln ähnlich wirkt sie in „Blond“. Das Netflix-Biopic basiert auf Joyce Carol Oates’ Versuch von 1999, in einem Roman ins Innere der Film-Ikone und Femme fatale zu blicken. Es bleibt dabei flach: De Armas darf nur posieren und kaum je Monroes Qualitäten ausspielen, ihre atemberaubende Anmut, ihr exzellentes komödiantisches Timing. Der Regisseur Andrew Dominik („Killing them softly“) zeigt Schlüsselmotive im Original und nachgestellt, die Szene mit dem U-Bahn-Hauch unterm Kleid kostet er voyeuristisch aus. Als Kind ist Norma Jean einer alkoholkranken Alleinerziehenden ausgesetzt, als Erwachsene irrt sie mit Daddy-Komplex von Kerl zu Kerl.
Ihr Ungeborenes fleht sie an, nicht abzutreiben
Sie wird von hinten vergewaltigt und ist ausführlich beim Dreier zu sehen. Der Baseball-Star Joe DiMaggio (Bobby Cannavale) triezt sie. Sie lutscht am Präsidenten John F. Kennedy (Caspar Phillipson) herum und scheitert an ihrer Ehe mit dem Autoren Arthur Miller (Adrien Brody), weil niemand glaubt, dass sie Dostojewski wirklich gelesen hat. Ein Ungeborenes in ihrem Leib fleht sie an, es nicht abzutreiben. Dominik hat viel in Schwarz-Weiß gedreht, ohne den Geist der Zeit zu finden. Er hascht langatmig nach Effekten und kommt Monroe nur scheinbar nahe. Er würdigt sie nicht, er würdigt sie genau so herab, wie es ihr wirklich widerfahren sein muss. Er beschädigt die talentierte Ana de Armas, eine erfrischende Erscheinung im Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ (2021). Nun haftet das blonde, hilflose, oft nackte Dummchen an ihr.
Blond. USA 2022. Regie: Andrew Dominik. Mit Ana de Armas. 166 Minuten. Auf Netflix.