Im namibischen Okakarara hat der Stuttgarter Philipp Walter Nachhilfe in Englisch gegeben, seinen Blog darüber gibt es nun in Buchform. Foto: StN

Philipp Walter wollte seine Familie und Freunde während seines Auslandseinsatzes auf dem neuesten Stand halten. Doch weil sein Blog immer mehr Leser bekam, wurde ein Buch daraus.

Stuttgart - Wie schön wäre es, noch einmal 20 zu sein. Das Abitur gerade bestanden, die erste große Liebe noch frisch, und die große weite Welt wartet nur darauf, entdeckt zu werden. So ging es zumindest Philipp Walter. Der 22-Jährige hat ein Buch darüber geschrieben. Genauer gesagt, ein Buch über seinen Freiwilligendienst in Namibia. Der gebürtige Stuttgarter hat nach dem Abitur ein Jahr in der ehemaligen deutschen Kolonie im Südwesten des afrikanischen Kontinents gelebt. Jetzt sitzt er in einem Café in der Stuttgarter Innenstadt, trinkt eine heiße Schokolade und erzählt, wie er dabei ganz unverhofft zum Buchautor wurde.

„Ich habe regelmäßig von Namibia aus gebloggt, um mit meiner Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben“, erinnert sich Walter. Das heißt, er hat ein Tagebuch im Internet geführt, das für jeden zugänglich war – und offensichtlich viele Menschen zum Träumen gebracht hat. „Bald hatte ich viel mehr Leser als Bekannte“, sagt er.

Warum? Das weiß der Student selbst nicht so recht. Doch kaum war er zurück in Deutschland, fragte ein Verlag bei ihm nach, ob er den Blog nicht zu einem Buch machen wolle. „Ich habe natürlich zugesagt“, erinnert sich Walter. Katrin Martin vom Verlag Bloggingbooks, der Philipp Walters Blog nun unter dem Titel „Richtungswechsel“ in gedruckter Form herausgegeben hat, begründet das so: „Er liefert uns eine andere und sehr persönliche Sicht auf ein wunderbares Land und einen wunderbaren Kontinent“.

Dabei ist das Buch kein literarisches Paradestück, wie Philipp Walter selber zugibt. „Ich habe darin keinen literarischen Mehrwert gesehen, ich wollte nur andere Menschen an meiner Entwicklung dort teilhaben lassen.“

Philipp Walter hat in einem Bildungsprojekt für Kinder in Okakarara im Norden von Namibia gearbeitet. Bei Steps for children, einer deutschen Initiative, hat er Kindern Nachhilfe in Englisch gegeben, eine Theatergruppe geleitet, eine Fußballmannschaft trainiert und nebenher noch ein Gästehaus vermarktet. Es sind afrikanische Alltagsgeschichten, die er im Buch erzählt. „Nach Namibia zu gehen, war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Walter noch heute, zwei Jahre nach dem Freiwilligendienst.

Frisches Ziegenfleisch und würzige Soße

Philipp Walter ist ein junger Mann mit rechteckiger Brille und sportlicher Figur. Er gehört zu der Generation junger Leute, die sich in der virtuellen Welt wie ein Fisch im Wasser bewegen und trotzdem nicht vergessen haben, dass es da draußen auch eine reale Welt gibt.

Diese Welt hat er in Namibia in Reinkultur erlebt. Es sind Erfahrungen, die ihn tief beeindruckt haben und die ein anderes Afrika zeigen, als man es vom Fernsehen kennt. Eine Welt, in der man intensiver lebt, als in Europa, wo alles industriell gefertigt wird und die Lebensmittel mit Chemie vollgepumpt sind.

In seinem Buch schwärmt er von dem frischen Ziegenfleisch und der würzigen Soße, Chakalaka, die er so oft in Namibia gegessen hat. Überhaupt ziehen sich die Geschichten von kulinarischen Genüssen wie ein roter Faden durch sein Buch. Kein Wunder, dass Philipp Walter ein Kapitel seinen Kochrezepten widmet.

Auch das namibische Bier hat es Walter angetan. Es ist nach deutschem Reinheitsgebot gebraut, ein Erbe der kolonialen Vergangenheit. Doch die hat auch ihr düsteres Kapitel. Okakarara ist eines der Zentren der Hererobevölkerung. Die Herero gehören zu den Volksgruppen in Namibia, die von deutschen Kolonialtruppen während eines Aufstandes zwischen 1904 und 1908 zu Zehntausenden ermordet wurden. „Wir haben keine Ressentiments gespürt, weil wir Deutsche sind“, sagt Walter. Aber ihm ist aufgefallen, dass es unter den Nachfahren der deutschen Siedler in Namibia noch heute Rassismus gegen die schwarze Bevölkerung gibt.

Ungetrübter Idealismus und die Hoffnung, etwas verändern zu können

Inzwischen lebt er in Tübingen, studiert Internationale Volkswirtschaftslehre und hat einen ambitionierten Ansatz: „Ich möchte durch mein Studium gerne herausfinden, warum der Wohlstand auf der Welt so ungerecht verteilt ist“.

Natürlich engagiert er sich weiter für Namibia. Er hat mit anderen ehemaligen Freiwilligen die Initiative „Welwitscha“ ins Leben gerufen, die Jugendlichen einen Bildungsabschluss ermöglicht.

Vielleicht sind es ja der ungetrübte Idealismus und die Hoffnung, etwas verändern zu können, die das Buch von Philipp Walter so interessant machen. Ein Lebensgefühl, das viele Menschen aus der eigenen Jugend kennen, das aber im späteren Leben allzu oft der Realität des grauen Alltags weichen musste.

Das Buch „Richtungswechsel“ von Philipp Walter ist bei verschiedenen Buchhandlungen in Stuttgart und im Internet erhältlich. Es kostet 19,80 Euro. ISBN: 978-3-8417-7019-6.