Die Blockupy-Proteste in Frankfurt am Main bringen eine Welle der Gewalt mit sich. Foto: dpa

Nichts ging mehr in Frankfurt am Main: Wegen den Blockupy-Protesten rund um den Festakt der EZB lagen große Teile des Verkehrs lahm, Kapitalismuskritiker geriten mit der Polizei aneinander. Zahlreiche Menschen wurden verletzt.

Frankfurt/Main - Brennende Barrikaden, Autos in Flammen, vermummte Steinewerfer: Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Aktivisten der kapitalismuskritischen Blockupy-Bewegung und der Polizei sind in Frankfurt mehr als 220 Menschen verletzt worden. Anlass für die Proteste, die bereits am Mittwochmorgen in Gewalt umschlugen, war die Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke gegen Randalierer ein und nahm 15 Personen fest. Politiker und Polizeigewerkschaften reagierten mit Entsetzen auf die Krawalle.

Am Nachmittag versammelten sich Tausende Menschen zu einer Kundgebung, anschließend war ein Demonstrationszug mit mindestens 10.000 Teilnehmern geplant. Für die Sicherheitsbehörden könnte der Umgang mit den Protesten eine Art Generalprobe für zu erwartende Aktionen gegen das Treffen der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) im bayerischen Schloss Elmau Anfang Juni sein. Am Donnerstag wollte sich der Bundestag mit den Krawallen befassen.

Die Proteste begannen am frühen Morgen im Umkreis der hermetisch abgeriegelten EZB-Türme und schlugen schnell in massive gewaltsame Auseinandersetzungen um - Stunden vor einem Festakt zur offiziellen Eröffnung des imposanten EZB-Baus.

Mülltonnen, Reifen oder Polizeiautos brennen

Demonstranten warfen Pflastersteine und Böller gegen Polizisten und Wasserwerfer. Überall in dem Stadtteil brannten Mülltonnen, Reifen oder Polizeiautos. Der Verkehr kam zum Erliegen, viele Geschäfte waren geschlossen.

Rauchschwaden zogen über das Mainufer, in der Luft lag der beißende Geruch von Tränengas. Feuerwehrwagen und Straßenbahnen seien mit Steinen attackiert, die Feuerwehr, die zu dutzenden Einsätzen ausrückte, am Löschen gehindert worden, teilte die Polizei mit. Am Mittag beruhigte sich die Lage rund um die EZB. Nach Angaben der Polizei versuchten rund 3000 Demonstranten, das EZB-Gelände zu stürmen, wurden aber von den Beamten gestoppt. Auch ein Polizeirevier wurde angegriffen. Insgesamt waren laut Blockupy etwa 6000 Aktivisten unterwegs, davon 1000 aus dem Ausland.

Nach Polizei-Angaben wurden bis zum Nachmittag mindestens 94 Polizisten verletzt, die meisten davon durch Reizgas. Das Blockupy-Bündnis teilte mit, beim Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken durch die Polizei seien mehr als 130 Demonstranten verletzt worden.

Blockupy-Anmelder Ulrich Wilken (Linke), der einen „bunten Protest“ angekündigt hatte, zeigte sich „entsetzt und bestürzt“ angesichts der Gewalt. „Das ist nicht das, was wir geplant haben“. Gleichzeitig äußerte er Verständnis „für die Wut und die Empörung“ der Demonstranten auf die EZB-Politik. Die Zentralbank ist einer der entscheidenden Akteure bei der Bewältigung der Finanz- und Schulden-Krise, die in vielen Euro-Ländern hohe Jugendarbeitslosigkeit und wirtschaftliche Probleme zur Folge hatte.

Polizeigewerkschaften: Neue Dimension der Gewalt

Polizeigewerkschaften sehen in den Ausschreitungen eine neue Dimension der Gewalt. Auch zahlreiche Politiker kritisierten das Verhalten der Demonstranten. „Alle, die sich hier missbräuchlich auf Freiheitsrechte berufen, müssen mit der vollen Härte des Rechtsstaats rechnen“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). „Das Ausmaß der Gewalt spricht dafür, dass solche Aktionen seit langem geplant waren.“ Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sagte: „Das sind Straftäter, die da unterwegs waren.“

Bei einer vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) veranstalteten Demonstration mit rund 1000 Teilnehmern sagte der Frankfurter DGB-Vorsitzende Harald Fiedler: „Das ist total kontraproduktiv, wenn Randale gemacht wird und Polizisten angegriffen werden.“ In seiner Rede beim Festakt vor rund 100 ausgewählten Gästen ging EZB-Präsident Mario Draghi auch auf die Demonstranten und die vielen unzufriedenen Menschen im Euroraum ein, die in den vergangenen Krisenjahren Einkommen und Wohlstand verloren hätten. Als eine Institution der Europäischen Union, die eine zentrale Rolle in der Krise gespielt hat, sei die EZB in den Fokus der Frustrierten geraten, sagte Draghi. „Möglicherweise ist dieser Vorwurf nicht fair. Denn unser Handeln zielte genau darauf ab, die wirtschaftlichen Schocks abzufedern.“