Vater und Sohn Holzer: „Gestern abend, am 21. April 2017 um 23.07 Uhr ist mein geliebter Vater, nur wenige Tage vor seinem neunzigstem Geburtstag im Beisein seiner engsten Familie, nach seinem schweren Gehirnschlag in der Nacht zuvor, ohne Schmerzen, friedlich und bereit, in die Hände vom Lieben Gott geglitten.“ Foto: Sabine Holzer

Andy Holzer ist der einzige blinde Profi-Bergsteiger Europas. Im Mai will er auf dem Gipfel des Mount Everest stehen. Wir begleiten ihn mit einer Serie bei seiner Vorbereitung und beim Weg hinauf in eisige Höhen.

Mount Everest Basislager - 22. April 2017– 20. Tag der Expedition des „Blind Climber“ Andy Holzer und seines Teams auf den Mount Everest.

Andy Holzers Vater ist gestorben

Traurige Nachricht aus der Heimat: Andy Holzers 90-jähriger Vater ist am 21. April um 23.07 Uhr – nur wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag – im Lienzer Krankenhaus nach einem schweren Gehirnschlag gestorben.

„Für mich hier in Tibet, fast 7000 Kilometer entfernt, im Basislager des Mount Everest auf 5165 Meter Seehöhe und unwirtlichen äußeren Bedingungen, eine nur grenzwertig ertragbare Situation“, schreibt der 50-jährige blinde Bergsteiger in seinem täglichen Blog.

Abbrechen oder weitermachen?

Abbrechen und nach Hause nach Tristach zur Familie zurückfliegen oder weitermachen? Das ist die Frage, die sich der Andy Holzer jetzt stellt. Nach vielen Gesprächen mit den Freunden vor Ort, zuhause in der österreichischen Heimat und zahlreichen Mails von Blog-Lesern entscheidet er sich für den Aufstieg. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass mein Vater nun möchte, dass ich diesen Weg kurz vor der höchsten Spitze aufgeben sollte.“

„Die dutzendfachen Mailings und vermittelten Wünsche von meiner Familie, von Freunden und wild fremden Menschen aus der Heimat, die ausschließlich positiv zu meinem Projekt am Everest tönen, geben mir Hilfe mich in dieser Hochschaubahn der Gefühle zu orientieren“, schreibt Andy Holzer weiter.

Ein besonderer Weg

Vor 50 Jahren hätten seine Eltern ihn auf diesen „besonderen Weg geschickt“. Seine Blindheit sei für sie niemals ein Grund es nicht zu versuchen oder umzukehren. „Genau deshalb bin ich heute dort angekommen, wo mich meine lieben Eltern immer hin gewünscht haben. Auf eigenen Beinen zu stehen, Entscheidungen selbst mit allen Konsequenzen zu treffen, ja, ein Leben welches lebenswert ist, leben zu können.“

Gemeinsam mit seiner Sabine (52), mit der ihm seit über 30 Jahre eine „geliebte und unsagbar verständnisvolle Frau“ zur Seite stehe, könne er seine eigene Welt gestalten, richtige Freunde gewinnen und Ziele erreichen, die damals, vor 50 Jahren, als er blind auf die Welt kam, unrealistisch gewesen waren.

Kurz vor der höchsten Spitze aufgeben?

„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass mein Vater nun möchte, dass ich diesen Weg kurz vor der höchsten Spitze aufgeben sollte. Sabine, meine Mutter und meine Schwester haben mich heute darum gebeten, den Aufstieg am Mount Everest fortzusetzen und damit unseren Vater in anderer Form nahe zu sein.“

Es sei auch die Familie „eine sehr schwierige Zeit, wenn man 7000 Kilometer von einander entfernt ist, diese Gratwanderung der Gefühle und manchmal auch Hilflosigkeit zu meistern. Aber gerade solche Schicksalsschläge stärken den Zusammenhalt und die Verbundenheit – nur gemeinsam sind wir stark. Wir empfangen so viel Mitgefühl, Liebe und Hilfsbereitschaft von den Menschen die uns umgeben und auf diesem schweren Weg begleiten. Danke und schön, dass es euch gibt!!!“

Nächste Etappe: Das Camp auf 7000 Metern

Am Mittwoch oder Donnerstag wird das Team um Andy Holzer, Wolfgang Klocker und Klemens Bichler zusammen mit den Sherpas zum ABC („Advanced Base Camp“ – vorgeschobenes Basislager) auf 6450 Meter aufsteigen, um sich dort weiter zu akklimatisieren und an die Höhenluft zu gewöhnen. Danach wird in das nächste Lager auf 7000 Meter hinaufgehen.