Links Neustadt, rechts Hohenacker, dazwischen die alte Deponie: Die Fläche soll zum Freizeitgelände werden, ist aber aus Stuttgarter Sicht auch gut für Sonnenstrom geeignet. Foto: AWS Stuttgart

Die neuen Stadtwerke Stuttgart wollen Strom rein aus erneuerbaren Quellen gewinnen. Weil in der Stadt Flächen für Solarmodule knapp und Dachaufbauten teuer sind, schweift der Blick nach Waiblingen. Dort zeigt man sich allerdings nicht begeistert.

Stuttgart - Die Stadtwerke Stuttgart wollen mehr Strom selbst erzeugen. Neben dem Welzheimer Wald, wo ein Windpark aufgebaut werden soll, hat der neue Anbieter eine Fläche zwischen den Waiblinger Stadtteilen Hohenacker und Neustadt zum Aufbau einer Solarstrom-Anlage entdeckt.

Das rund 13 Hektar große Gelände liegt gut, das zeigen die Solarmodule auf den umliegenden Häusern. Und es gehört der Landeshauptstadt, die hier bis 1996 eine Mülldeponie betrieben hat. Seitdem wurde der Schutthügel für fast 20 Millionen Euro rekultiviert. Allerdings mit dem Ziel, die gesamte Fläche zu öffnen und den Anwohnern als Freizeitgelände zugänglich zu machen. In Hohenacker und Neustadt wartet man seit Jahren darauf. „Seit 15 Jahren“, konkretisiert Birgit Priebe, „deshalb liegt unsere erste Priorität auch darauf, dass das gesamte Gelände der Naherholung dient.“

Die Stadtwerke hätten Kontakt zur Verwaltung aufgenommen, sagt die Waiblinger Baubürgermeisterin. Die angestrebte Nutzung löse bei den Anwohnern keine Begeisterung aus. Die Deponie Erbachtal, die zunächst für den Hausmüll aus der Großstadt, später für die Verbrennungsreste aus dem Meiler in Münster genutzt wurde, habe „für Aufregung gesorgt“, sagt Priebe. Die Freizeitfläche sei daher „im Sinne einer Wiedergutmachung“ gedacht gewesen.

Bebauungsplan muss geändert werden

Trotz der langen Lagerzeit und Abdeckung kann es noch dauern, bis die Deponie zugänglich wird. An verschiedenen Stellen tritt Gas an die Oberfläche. „Es ist davon auszugehen, dass für unabsehbar längere Zeit größere Flächen des Geländes nicht geöffnet werden können“, sagt Annette Hasselwander, die Pressesprecherin des Stuttgarter Abfallwirtschafts-Betriebs (AWS). Man sei dabei, die Deponie in die „Nachsorgephase“ zu überführen. Die beginnt nach der Stilllegung des Müllbergs und kann bis zu 30 Jahre dauern. Zuständig für die Stilllegung ist das Regierungspräsidium. Ihm weist der AWS per Gutachten nach, welche Areale freigegeben werden können. Bis Jahresende könnten die ersten Flächen zugänglich gemacht werden, sagt Hasselwander.

Um überhaupt eine Fotovoltaikanlage aufstellen zu können, muss der Bebauungsplan für das Gelände durch den Waiblinger Gemeinderat geändert werden, und natürlich werde man die Öffentlichkeit bei dieser Frage einbeziehen, sagt Birgit Priebe. Sie erinnert daran, dass der frühere Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel und sein Waiblinger Amtskollege Ulrich Gauss 1985 vereinbart hätten, „dass das Gelände nach dem Ende der Deponie ein Freizeitgrundstück für die Stadt Waiblingen werden soll“. Die Fläche ist mit 13 Hektar zwar groß, beim Standort für die Solaranlage geht es laut Priebe aber „um den attraktivsten Bereich, den Aussichtspunkt, und das ist politisch schwer vermittelbar“, so die Bürgermeisterin. Das sage sie, „obwohl ich regenerative Ideen vertrete“.

Anlage soll Vernehmen nach bis zu 13.000 Quadratmeter bedecken

Bei den Stuttgarter Stadtwerken will man die Sache tiefer hängen. „Details sind weder geklärt noch konkret besprochen. Wir stehen Waiblingen als Partner zur Verfügung, und wir werden die Entwicklung gemeinsam besprechen“, sagt Pressesprecher Markus Vogt. Er nimmt an, dass es auf der Deponie „Platz genug für beide“, also Solarzellen und erholungsuchende Bürger, geben werde. Man wolle nicht Flächen für die Naherholung in Anspruch nehmen. Die Anlage soll dem Vernehmen nach bis zu 13 000 Quadratmeter bedecken.

Auf Entgegenkommen sind die Stadtwerke nicht nur in Sachen Bebauungsplan angewiesen. Weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz bei Fotovoltaikanlagen inzwischen zehn Prozent „Eigenverbrauch“ vorschreibt (nur noch 90 Prozent dürfen ins Netz), brauchen die Stuttgarter die Stadtwerke Waiblingen als Partner, der die Abnahme sichert.