Noch-Fifa-Chef Sepp Blatter (links) und Noch-Uefa-Chef Michel Platini. Foto: dpa

Joseph Blatter gibt sein Amt als Fifa-Präsident im Februar 2016 auf. In die Nachfolgeregelung mische sich der Schweizer aber weiter aktiv und unlauter ein - so Verdacht und Vorwurf des Lagers um Top-Kandidat Michel Platini. Gegenseitige Anschuldigungen reißen nicht ab.

Nyon/Zürich - Im Machtkampf um die Nachfolge von Joseph Blatter auf dem Fifa-Thron kommt es zu immer bizarreren Anschuldigungen der verfeindeten Alpha-Tiere des Weltfußballs. Im Mittelpunkt der mehr oder weniger subtil ausgetragenen Fehde zwischen Noch-Fifa-Boss Blatter und seinem potenziellen Nachfolger Michel Platini stehen neue gegenseitige Verdächtigungen, die nun auch die Ethikhüter des von Skandalen erschütterten Weltverbandes beschäftigen werden. Zudem steht der Vorwurf von Blatter im Raum, dass Platini seinen Bruder mit Gefängnisdrohungen eingeschüchtert haben soll.

Die Uefa will von den Fußball-Ordnungshütern prüfen lassen, ob ein kritischer Artikel über ihren Chef Platini aus dem Büro von Blatter und eventuell sogar in dessen Auftrag verfasst wurde. „Wir haben in der Tat die Fifa beauftragt, die Herkunft dieses Artikels zu untersuchen, weil wir durch die Berichte über eine mögliche Verleumdungskampagne gegen den Uefa-Präsident besorgt sind“, sagte ein Uefa-Sprecher und bestätigte damit einen Bericht der „Welt am Sonntag“.

Unter der Überschrift „Platini: Leiche im Keller“ soll ein Text von einem Blatter-Mitarbeiter Schweizer Zeitungen angeboten worden sein, in dem dem Franzosen wegen seiner Verbindungen ins WM-Gastgeberland Katar die Fähigkeit zur Fifa-Führung abgesprochen wird. „Er [Platini] war einer der größten Ballzauberer, den Europa je gesehen hat. Doch ist er auch groß genug, um Fifa-Präsident zu werden? Wer in Richtung Katar blickt, kann nur zu einer Antwort kommen: Nein.“, zitiert die Schweizer Zeitung „Tagesanzeiger“ aus dem nicht publizierten Text.

Platini will am 26. Februar 2016 Blatters Nachfolge antreten

Platini hatte 2010 bei der skandalumwitterten WM-Vergabe für das Emirat gestimmt. Sein Sohn erhielt später einen lukrativen Job in Katar. Dies hatte Blatter lange nicht beanstandet, es wird aber nun immer wieder als Argument gegen Platini verwendet.

Erster Adressat des Beschwerdebriefs von Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino war dessen Fifa-Pendant Jérôme Valcke. Kopien seien aber auch an Cornel Borbely und Domenico Scala geschickt worden, die Vorsitzenden der Fifa-Ethik-Ermittler und der Fifa-Kommission für ordnungsgemäßes Geschäftsgebaren. Die Fifa war am Sonntag für eine Stellungnahme vorerst nicht zu erreichen.

Platini will am 26. Februar 2016 die Nachfolge Blatters antreten, der nach den Korruptionsskandalen im Weltfußball nach 18 Jahren sein Amt zur Verfügung stellt. Dem Vernehmen nach will Blatter dies verhindern und einen Kandidaten aufbauen, der die Fifa in seinem Sinne weiter führt. Bislang ist Platini der einzige ernsthafte Kandidat. Er soll die Unterstützung der Kontinentalverbände aus Europa, Asien und Nord- wie Südamerika haben, was ihm eine kommode Mehrheit sichern würde.

Am Samstag hatte sich Blatter in einem Interview der niederländischen Zeitung „de Volkskrant“ beschwert, dass Platini seinen Bruder beim Fifa-Kongress Ende Mai eingeschüchtert habe. Er soll gesagt haben, dass Joseph Blatter eine Gefängnisstrafe drohe, wenn er nicht von seinem Amt zurücktrete. „Platini saß während des Mittagessens neben meinem Bruder“, berichtete Blatter der Zeitung zufolge. „Er sagte: Berichte Sepp, dass er sich vor der Wahl zurückziehen muss, sonst geht er ins Gefängnis.“ Sein Bruder habe daraufhin geweint.

Platini wollte sich nach Angaben der Zeitung nicht persönlich zu den Vorwürfen äußern. Aus seinem direkten Umfeld seien diese jedoch zurückgewiesen und erklärt worden, Blatter versuche einmal mehr, „die Welt von den wahren Problemen abzulenken, mit denen die Fifa konfrontiert ist“. Informierte Kreise bestätigten diese Aussagen der Deutschen Presse-Agentur.

Platini hatte vor dem Wahlkongress im Mai vergeblich versucht, Blatter zum Amtsverzicht zu bewegen. Später berichtete Blatter über ein persönliches Gespräch, bei dem der Franzose Whisky habe trinken wollen und ihm das Angebot für ein „gigantisches Fest“ sowie einen Alterssitz mit eigenem Büro in der Fifa-Zentrale gemacht habe. Ob solch eine Platini-Offerte - ob wahr oder nicht - heute Gültigkeit hätte, darf bezweifelt werden. „Er hat sich verändert, ich nicht“, sagte Blatter im „de Volkskrant“-Interview zum Verhältnis mit seinem einstigen Mitstreiter Platini.