Chad Boseman spielt als Marvels „Black Panther“ den ersten schwarzen Superhelden im Kino. Foto: AFP

Die Zeit ist reif für einen schwarzen Superhelden. In der gleichnamigen Marvel-Comic-Verfilmung spielt Chad Boseman den „Black-Panther“. Im Interview erzählt der US-Amerikaner, welche Helden seine Familie verehrte.

Los Angeles - Hierzulande ist der Name Chadwick („Chad“) Boseman noch nicht allzu bekannt. Doch in den USA hat der 40-Jährige bereits für Aufsehen gesorgt. Nach Regie-Studium, Jobs als Schauspiellehrer und Auftritten in Fernsehserien spielte er gleich im Kinofilm „42“ die Baseball-Ikone Jackie Robinson. Für „The First Avenger: Civil War“ schlüpfte Boseman vor zwei Jahren erstmals in das Kostüm des Superhelden Black Panther. Den verkörpert er nun in dem gleichnamigen Film, der am 15. Februar in die Kinos kommt. Wir trafen den Schauspieler in Los Angeles.

Mr. Boseman, „Black Panther“ ist der erste schwarze Superheld einer Comicverfilmung. Höchste Zeit, nicht wahr?
Ja, wir hätten längst einen solchen Protagonisten auf der Leinwand sehen sollen. Dass dieser Moment nun relativ spät kommt, macht ihn aber nicht weniger bemerkenswert.
Warum hat es so lange gedauert?
Da fragen Sie den falschen. Aber es brauchte einfach die richtigen Leute, so wie nun die Verantwortlichen bei Marvel. Menschen, die ein Gespür dafür haben, dass es an der Zeit ist, etwas anders zu machen, und den Mut, etwas Neues zu wagen. Die sich nicht davon abschrecken lassen, dass irgendwer in der Branche immer sagt, ein Film mit einem schwarzen Helden würde nicht funktionieren. „Das will kaum jemand sehen. Damit lässt sich kein Geld machen.“ Ich kenne diese Sprüche ja auch zur Genüge. Irgendwann muss man das aber ignorieren und alles auf eine Karte setzen. Ich bin mir sicher, dass „Black Panther“ alle Zweifler Lügen strafen wird.
Welche Bedeutung hat ein Held wie Black Panther?
Es ist einfach sehr inspirierend, auf der Leinwand jemanden zu sehen, in dem man sich selbst wiedererkennen kann – auch in einem Superhelden-Film. Als Schwarzer siehst du aber eben fast immer Menschen, die zumindest optisch nichts mit dir gemein haben. Gleichzeitig ist „Black Panther“ aber auch für alle nicht-schwarzen Zuschauer eine Bereicherung. Denn es ist unglaublich wichtig, auch mal Helden zu sehen, die nicht dem typischen Bild entsprechen, das wir gewohnt sind. Das erweitert den Horizont und entspricht außerdem der Realität.
Waren Sie selbst in Ihrer Jugend Superhelden-Fan?
Oh ja. Hinterm Haus meiner Oma gab es einen Bach und jede Menge Bäume, da bin ich als Kind durch die Gegend getobt und geklettert und habe gespielt, ich sei Spiderman oder Batman.
Erinnern Sie sich, wann es Ihnen auffiel, dass diese Helden nicht so aussahen wie Sie?
Eigentlich nicht. Darüber habe ich mir in dem Alter nicht so viele Gedanken gemacht. Aber ich weiß noch, dass ich es immer als sehr besonders empfunden habe, wenn dann doch mal einer schwarz war. Green Lantern in den Comic-Heften zum Beispiel oder Brown Hornet, in der Zeichentrickserie „Fat Albert and the Cosby Kids“. Das waren eindrückliche Momente, auch wenn ich vorher nicht unbedingt dachte, jemand wie ich könne nicht auch Superman sein. Wobei ich sagen muss, dass es immer noch ein bisschen wichtiger war, meine Hautfarbe und Kultur im echten Leben repräsentiert zu sehen.
Wer waren in dieser Hinsicht Ihre Vorbilder?
Meine Eltern haben immer darauf gedrungen, dass ich mich auskenne mit den Menschen, die in der Realität Heldenhaftes geleistet haben. Von frühester Kindheit an waren deswegen bei uns die Größen der Bürgerrechtsbewegung ein Thema, Martin Luther King, Malcolm X, Medgar Evers und so. Aber am meisten beeindruckt haben mich immer Sportler. Michael Jordan zum Beispiel und nicht zuletzt natürlich Muhammad Ali. Ali habe ich immer verehrt und tue es auch heute noch. Bis heute trage ich immer wieder T-Shirts mit seinem Konterfei, denn er ist einfach der Größte!
Hat er Sie auch für die Rolle in „Black Panther“ inspiriert? Immerhin spielen Sie einen König.
Klar, Ali war immer präsent. Seine Stärke, seine Energie, sein Selbstbewusstein. Aber auch Mandela, Patrice Lumumba, Shaka Zulu oder Obama waren wichtig für mich. Oder viel mehr: meine Idee von diesen Männern, denn ich war ja mit keinem von ihnen persönlich vertraut. Sie dienten mir als Projektionsfläche. Die Vorstellung, die ich von ihnen und ihren Führungsqualitäten hatte, habe ich mit den Erfahrungen kombiniert, die ich mit meinem Vater, mit Lehrern, mit Priestern gemacht habe, die bei mir bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Sie alle flossen in meinen Black Panther ein.
Hatten Ihre Eltern Einfluss auf Sie, als es darum ging, eine künstlerische Laufbahn einzuschlagen?
Ich würde nicht sagen, dass ich mich ermutigt haben. Aber sie haben mich auch nicht entmutigt. Meiner Mutter ging es vor allem darum, dass wir nicht in Schwierigkeiten geraten. Alles Positive, das uns daran hinderte, vom rechten Weg abzukommen, war ihr recht. Sport zum Beispiel. Oder mein Talent fürs Visuelle, denn ich habe viel gemalt. Wenn sie es sich leisten konnten, haben sie uns unterstützt. Als mein großer Bruder sich für eine Karriere als professioneller Tänzer entschied, waren meine Eltern sicherlich nicht begeistert, aber sie haben es akzeptiert. So war es auch, als ich dann Film und Theater studieren wollte.
Wie kamen Sie überhaupt darauf?
Mein Bruder hat sicher viel damit zu tun. Ich habe ihn oft begleitet, wenn er auf der Bühne stand, als Tänzer oder Musicaldarsteller. Die Proben haben mich fasziniert, weniger das Geschehen auf der Bühne als die Arbeit seiner Regisseure und Lehrer. Aber noch wichtiger waren die Filme, die ich damals sah, allen voran die von Spike Lee. In „Do the Right Thing“, „School Daze“ oder „Malcolm X“ sah ich plötzlich afroamerikanische Kultur, alles wonach ich mich sehnte, auf Zelluloid gebannt.
Sie haben dann auch selbst erst Regie studiert.
Das hat sich so ergeben, weil eine meine Professorinnen darauf pochte, dass man auch als Regisseur das Handwerk des Schauspielers beherrschen muss. Aber für mich waren das ohnehin immer eher zwei Seiten der gleichen Medaille als zwei verschiedene Jobs. Ich habe deswegen auch nie gesagt, dass ich das Inszenieren an den Nagel gehängt habe. Im Gegenteil gibt es einige Projekte, die ich demnächst umzusetzen plane.
Apropos Regie: „Black Panther“ hat der Afroamerikaner Ryan Coogler inszeniert. Hätten Sie einen weißen Regisseur überhaupt akzeptiert?
Das wäre ganz darauf angekommen, wer das gewesen wäre. Es ging ja nicht darum, einfach nur einen Regisseur zu finden, der schwarz ist. Wichtig war jemand, der nicht so leicht kleinzukriegen war und eine starke, unerschütterliche Vision für diesen Film hatte. Ich hätte in dieser Hinsicht, genau wie die Marvel-Verantwortlichen, jeden Kandidaten ganz genau unter die Lupe genommen. Ich glaube nicht, dass ich bei einem weißen Regisseur strenger gewesen wäre. Aber Ryan war einfach der Richtige. Wir haben uns sofort verstanden, und ich habe schnell gemerkt, dass wir bei diesem Film die gleichen Erwartungen haben – und nicht zuletzt die gleichen Referenzen und Einflüsse.