Kritiker und Fernsehzuschauer lieben den NDR-„Tatortreiniger“. Schauspieler Bjarne Mädel glaubt, dass die TV-Sender mit etwas Mut viel mehr solcher Formate haben könnten.
Berlin - Heiko Schotte ist der Mann fürs Grobe: Wenn die Polizei an einem Tatort ihre Ermittlungen abgeschlossen hat und die sterblichen Überreste des Mordopfers weggeschafft sind, entfernt der von Bjarne Mädel gespielte „Schotty“ in „Der Tatortreiniger“ Blutlachen und andere unappetitliche Dinge. Von Dienstag (7. Januar) an zeigt der NDR drei neue Folgen der Comedyserie .
Herr Mädel, könnten Sie sich vorstellen, im echten Leben als Tatortreiniger zu arbeiten?
Nee, könnte ich nicht. Ich habe in der Vorbereitung auf die Rolle einen echten Tatortreiniger kennengelernt und dabei erfahren, dass das ein unglaublich harter Job ist. Nicht nur, was die körperliche Arbeit angeht, sondern auch die psychische Belastung. Wenn man es mit Hinterbliebenen von Mordopfern oder Selbstmördern zu tun bekommt. Das ist, wie er mir erzählt hat, viel schlimmer als der Dreck oder der Gestank, mit dem er manchmal konfrontiert wird.
Also keine berufliche Alternative?
Nö, ich beschäftige mich nicht so wahnsinnig gern mit dem Sterben, insofern wäre das alles andere als mein Traumjob. Ich würde mir mit Sicherheit was Unblutigeres suchen.
Was denn?
Das kann ich nicht sagen, im Moment läuft es zum Glück ja noch mit der Schauspielerei. Ich habe keinen Plan B und ihn im Moment auch nicht nötig. Ich hatte auch noch nie das Gefühl, was anderes machen zu wollen. Ich bin sehr glücklich mit meinem Beruf.
Definieren Sie sich über Ihre Arbeit?
Auf jeden Fall. Ich arbeite viel und auch wahnsinnig gerne, und mir würde es verdammt schwerfallen, von heute auf morgen aufzuhören. Ich bin mit Leib und Seele Schauspieler.
Und Hobbydichter.
Das habe ich mal gemacht, weil mich der Verlag Kiepenheuer & Witsch für ein Buchprojekt darum gebeten hatte. Aber ich habe das mehr so als spannende Herausforderung begriffen, weil ich in ein paar Monaten 120 Gedichte schreiben musste. Das hat Spaß gemacht, ich habe aber nicht vor, einen zweiten Gedichtband herauszubringen.
Haben Sie auch ein Gedicht zum „Tatortreiniger“ in petto?
Speziell dazu nicht, aber zum Thema Tod schon. Eins hab’ ich, zum Thema Friedhöfe, das geht so: „Kann ich nicht mit umgehen, muss ich meist drum rumgehen.“
Man kennt Sie auch aus Kultserien wie „Stromberg“ und „Mord mit Aussicht“ . Haben Sie ein Faible für Kultiges?
Schwer zu sagen, weil ich in den genannten Fällen ja auch Teil der Entstehungsgeschichte dieser Serien bin. Wenn Sie so wollen, also auch Teil des Kults. Ich bin ja zu den Serien nicht dazugestoßen, nachdem sie schon fünf Jahre gelaufen waren. Das hat auch viel mit dem Regisseur Arne Feldhusen zu tun, der mit der Entstehung von allen drei Serien maßgeblich zu tun hatte. Sein Humorverständnis und meines passen ganz gut, glaube ich. Kult lässt sich ja nicht planen, es ist doch eher so: Wir machen etwas, das wir gut finden. Und wenn man das mit einer gewissen Konsequenz macht, kann im Glücksfall auch so etwas wie Kult dabei entstehen. Das lässt sich nicht planen, sonst würde das ja jeder ständig machen.
Aber bei einem Projekt wie dem „Tatortreiniger“ liegt das Kultige doch in der Luft, oder?
Klar, schon der Beruf ist ja außergewöhnlich, um nicht zu sagen skurril. Wir hatten ursprünglich auch einen anderen Titel im Sinn: „Der letzte Dreck“. Das kling erst mal ziemlich krass, aber es trifft genau den Punkt, wie ich finde. Außerdem hätte es noch kultiger geklungen und sich auch im TV-Programm ganz gut gemacht: zum Tagesausklang „Der letzte Dreck“.
Warum gibt’s denn nicht mehr schräge Sachen im Fernsehen?
Das hat, glaube ich, viel mit Mutlosigkeit, aber auch mit fehlender Gelegenheit zu tun. Bei uns war auch etwas Glück im Spiel: Der NDR hatte ein freies Sendefeld und noch ein bisschen Geld übrig. Dann hat er uns einfach mal machen lassen und uns jede Menge Freiraum gegeben. Ich glaube, die Sender müssten mehr Vertrauen zu den Kreativen haben, dann würden auch mehr schräge, sehenswerte Sachen entstehen. Ich kenne viele, die schräge Ideen haben, aber aus den allermeisten wird halt nix. Es herrscht unter Programmverantwortlichen eine zu große Angst, den Zuschauer zu verschrecken.
Ist der bei Fans und Kritikern erfolgreiche „Tatortreiniger“ denn ein Selbstläufer, oder muss um jede neue Staffel gekämpft werden?
Leider ist das so, aber ich freue mich einfach so lange, wie ich das machen darf, und wenn das eines Tages nicht mehr gewünscht ist, dann versucht man halt was anderes. Wir machen unsere Arbeit, so gut wir können, und hoffen, dabei den Humornerv von möglichst vielen Leuten zu treffen.
NDR, 7. bis 9. Januar, jeweils 22.25 Uhr