Schwarz-gelb statt Gelb-rot-gelb: die Flagge auf dem Karlsruher Schloss sorgt für Diskussionen. Foto: dpa

Der eine spricht von einem kleinlichen Akt mangelnder Souveränität, dem anderen zieht es die Socken aus: die Verbannung der badischen Flagge vom Karlsruher Schloss durch die Stuttgarter Landesregierung löst in Baden einen wahren Proteststurm aus.

Karlsruhe - „In Karlsruh’ ist die Residenz, in Mannheim die Fabrik, in Rastatt steht die Festung, und das ist Badens Glück.“ So singt es der Chor badischer Bürgermeister – den gibt es wirklich –, und so lernen es badische Schüler im Musikunterricht. Doch jetzt ist die badische Flagge weg von der Karlsruher Residenz, und viele Badner sind überhaupt nicht glücklich. 66 Jahre nach der umstrittenen Vereinigung von Württemberg und Baden ist ein bizarrer Flaggenstreit entbrannt.

Es begann mit einem Werbegag des im Schloss untergebrachten Badischen (!) Landesmuseums. Das hatte im Frühjahr anlässlich der aktuellen Revolutions-Ausstellung auf dem Schlossturm eine rote Fahne gehisst. Genau dort hatte zuvor die gelb-rot-gelbe Badenflagge geflattert – allerdings nicht schon immer, wie jetzt viele meinen, sondern seit dem Jubiläum der ehemaligen badischen Hauptstadt vor drei Jahren.

Schwarz-gelb ist wie ein rotes Tuch

Es sei ein einzelner Karlsruher Bürger gewesen, der sich über die rote Fahne erzürnt habe, erklärt das Stuttgarter Staatsministerium. Da habe man handeln müssen und die Museumsleitung auf die aktuelle Flaggenverordnung aufmerksam gemacht. Laut ihr dürfen auf Landesgebäuden nur die Europa-, die Deutschland- oder die schwarz-gelbe Landesflagge wehen. Der Museumschef Eckart Köhne entschied sich für Schwarz-gelb und ließ die Badenflagge mit dem roten Tuch im Depot einmotten. Seither wächst der Widerstand. Eine Online-Petition unterzeichneten in drei Tagen mehr als 5000 Menschen. „Ich fühle mich wie der badische Che Guevara“, sagt der Initiator Torsten Furrer, ein 34-jähriger Bankkaufmann.

Offenbar ist für viele eine rote Fahne besser zu ertragen, als die schwarz-gelbe Landesflagge. So meldete sich jetzt auch Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) zu Wort. Die badische Fahne auf dem Schloss sei nicht nur Gewohnheit, sondern auch Ausdruck heimatlicher Identität, sagte der OB. Das Stuttgarter Einschreiten sei ein „kleinlicher Akt mangelnder Souveränität“.

Bei Flaggenfritze ist die Landesfahne ein Ladenhüter

Wie es der grüne Ministerpräsident sieht, lässt sich bisher nur erahnen. Als diese Woche bei der Vergabe der nächsten Landesgartenschauen kritisiert wurde, nur württembergische Städte kämen zum Zuge, sagte Winfried Kretschmann: „Es gibt kein Baden und kein Württemberg. Es gibt nur Baden-Württemberg.“ Doch da ist sein Blick zu schwäbisch. Die Landesfahne, so erfährt man beim Onlinehändler „Flaggenfritze“ ist nämlich – ähnlich wie die Württembergfahne – ein Ladenhüter. Die badischen Farben verkauften sich hingegen sechs Mal so gut.

Auf das Staatsministerium kommt nun eine nervenaufreibende Zeit zu. Ausgerechnet jetzt, bis zum 20. August, muss turnusgemäß eine neue Flaggenverordnung her. Etliche badische CDU- Landespolitiker machen sich bereits für die Badenflagge stark. Und sogar in Berlin, der größten baden-württembergischen Exklave, wird diskutiert. Als er vom Verbot gehört habe, sagt der Karlsruher CDU-Bundestagsabgeordnete Axel E. Fischer, habe es ihm „fast die Socken ausgezogen“. Es dürfte sich um gelb-rote-gelbe Ringelsöckchen handeln. Auf einem Foto, das seiner Presseerklärung beiliegt,trägt er zumindest eine badisch gestreifte Krawatte. Wie sagt der Petitions-Initiator Furrer ganz richtig? „Wenn es uns Badnern um unsere geliebte Flagge geht, da hört der Spaß uff.“