Derzeit kämpft Bitcoin um die Marke von 20 000 Euro. Foto: dpa/Jens Kalaene

Noch im Herbst erreichte der Bitcoin-Kurs ein Allzeithoch. Nun geht es seit Monaten bergab. Was ist da los?

Vier Prozent der Deutschen haben laut einer neuen Bundesbank-Studie bereits Kryptowährungen gekauft. Rund 85 Prozent von ihnen betrachteten Bitcoin und andere Cyber-Devisen weniger als Zahlungsmittel denn als Investitionsobjekt – so das Ergebnis der Ende 2021 durchgeführten Umfrage. Doch seither geht es am Kryptomarkt steil bergab: Der Bitcoin-Preis ist von fast 60 000 Euro im vergangenen November auf rund 20 000 Euro abgestürzt. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ist der Kryptocrash Teil des allgemeinen Abwärtstrends?

Richtig ist, dass viele Investoren wegen des Ukraine-Kriegs und steigender Rezessionsgefahren ihr Geld aus riskanten Anlagen abziehen. Das zeigt sich auch am Aktienmarkt, besonders bei Technologiewerten. Doch während der Index der Technologiebörse Nasdaq seit Jahresbeginn um 25 Prozent gefallen ist, verlor Bitcoin im gleichen Zeitraum rund 50 Prozent an Wert.

Sollten Bitcoin nicht vor Krisen schützen?

Mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen können Zahlungen ohne Banken und Zentralbanken abgewickelt werden. Deshalb gelten sie als Hoffnungswert für den Fall einer Bankenkrise oder den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung. Zu Beginn des Ukraine-Kriegs schien sich diese These zu bewahrheiten: Kiew bat um Kryptospenden und sammelte umgerechnet zig Millionen Euro ein. „Zugleich konnten aber auch russische Unternehmen und Privatleute die Finanzsanktionen des Westens teilweise über Kryptotransfers umgehen“, merkt die Dekabank in einer aktuellen Analyse an.

Laut den Statistiken auf der Website Bitcoinity.org wurden in der letzten Februar- und der ersten Märzwoche fast viermal so viel Rubel in Bitcoin umgetauscht wie in den Vorwochen. Das hängt allerdings auch mit dem Wertverfall des Rubels zu Kriegsbeginn zusammen. Der Bitcoin-Kurs erholte sich vom Einbruch unmittelbar bei Kriegsbeginn deutlich schneller als die Aktienmärkte.

Warum dann der Wertverlust?

Ab Ende März traten schwere Sicherheitsmängel bei verschiedenen Krypto-Plattformen zutage, die das Vertrauen in die gesamte Branche erschütterten. So erbeuteten Hacker bei einem Angriff auf eine Blockchain, die für ein Online-Spiel namens „Axie Infinity“ genutzt wurde, virtuelle Münzen im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro. Im Mai folgte der Absturz von Terra, einer sogenannten Stablecoin, die vorgeblich an den Wert des Dollars gekoppelt war. Dieses Versprechen ließ sich nach massiven Abhebungen aus dem dazugehörigen Netzwerk aber nicht halten. Im Juni stoppte dann auch noch die Kryptofirma Celsius Network Abhebungen und Überweisungen von ihren Konten. Die Kunden haben damit praktisch keinen Zugriff auf ihre Vermögenswerte. Das betrifft auch einige Kunden der Berliner Neobank Nuri, die in Zusammenarbeit mit Celsius Networks ein „Bitcoin Ertragskonto“ anbot.

Warum profitieren Bitcoins nicht von der Inflation?

Während die großen Notenbanken in den vergangenen Jahren Billionensummen in die Märkte gepumpt haben, ist die Menge an Bitcoins endlich. Das System wurde so aufgesetzt, dass maximal 21 Millionen dieser virtuellen Münzen in Umlauf gebracht werden können. Das sollte vor Inflation schützen. Doch die zuletzt durch die oben beschriebenen Skandale beschleunigte Talfahrt begann ausgerechnet im November, kurz nachdem die Inflationsrate in den USA über sechs Prozent gestiegen war. Damals begann die US-Notenbank Federal Reserve, die Öffentlichkeit auf Zinserhöhungen einzustimmen. Die Aussicht auf steigende Zinsen scheint dem Bitcoin mindestens genauso schlecht zu bekommen wie Aktien. Die DZ Bank verweist zudem darauf, dass die hohen Strompreise ein Problem für den Betrieb der großen Rechenzentren darstellen, in denen Bitcoins erzeugt werden. Es gebe Gerüchte, wonach die Betreiber wegen der hohen Kosten gezwungen seien, große Mengen an Bitcoins zu verkaufen – und damit zum Kursrutsch beitrügen. Wenn das stimmen sollte, wäre die Kryptowährung schon aus technischen Gründen als Inflationsschutz ungeeignet.

Ist dies der Anfang vom Ende der Kryptowährungen?

Nach Einschätzung der Dekabank „belegt die Tatsache, dass sie mehrfach Phasen rapiden Wertverfalls überlebt haben, die Widerstandsfähigkeit der Kryptoanlagen“. LBBW-Analyst Guido Zimmermann rechnet zwar mit einer „Marktbereinigung“, aber nicht mit einem Untergang des Kryptosektors. So bleibe die Blockchain, das ist die technische Grundlage der Kryptowährungen, für Automatisierung und Digitalisierung vielversprechend. Dies rechtfertige allerdings „nicht die Exzesse und hohen Marktbewertungen der Kryptoszene in den zurückliegenden Jahren“.