Vor Gott mögen alle Menschen gleich sein – für die katholische Kirche gilt dies nicht immer: Sie lehnt es ab, die Liebe zwischen CDU-Kreischef Stefan Kaufmann und seinem Partner zu segnen. Die alt-katholische Kirche Württemberg übernimmt dies nun.
Stuttgart – Konservativ, katholisch und schwul – dass dies problemlos zusammengeht, wundert in Stuttgart dank des CDU-Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann keinen mehr. Wenn er von seinem Partner Rolf Pfander spricht, wird dem eher für sachliches Argumentieren bekannten Bundestagsabgeordneten ganz romantisch zumute. „Wenn man die Liebe des Lebens gefunden hat“, steht auf seiner Einladung zu einer für ihn sehr wichtigen Feier sehr schön, „sollte man daran festhalten.“
Im Mai wollen sie ihre Liebe in der Schlosskirche des Alten Schlosses vor 250 Gästen öffentlich bekunden – der Weg dorthin war mühsam und lang.
Der Verwaltungsangestellte und der Rechtsanwalt
Im Januar 2001 haben sich beide im Grand Café Planie in Stuttgart kennengelernt. „Stefan saß am Nebentisch“, erinnert sich Pfander, „ich war mit Freunden unterwegs.“ Nicht lange habe es gedauert, bis Kaufmann zu flirten begann. Schon früh bekannten sich beide in ihrer Partei zu ihrer Homosexualität, der Verwaltungsangestellte und der Rechtsanwalt.
Als Kaufmann 2002 sein erstes Amt bei der CDU übernehmen sollte, sagte er: „Ich mache das gern, aber ich lebe mit einem Mann zusammen. Wenn ihr ein Problem damit habt, dann lasse ich es.“
Die Stuttgarter CDU hatte kein Problem – und dem promovierten Juristen und früheren Zivildienstleistenden eine steile Karriere ermöglicht. Die katholische Kirche hingegen will seinen Traum nicht erfüllen. So sehr hatte sich der 45-Jährige mit seinem um ein Jahr älteren Partner die Segnung in seiner Kirche gewünscht – doch es wird nichts daraus.
Wohlgemerkt: Es sollte nur ein Dankgottesdienst aus Anlass der eingetragenen Partnerschaft sein – keine kirchliche Trauung. Als Christen ist es beiden ein großes Anliegen, ihre Partnerschaft unter den Segen Gottes zu stellen.
Absage aus Rottenburg von Bischof Gebhard Fürst
Nach der Absage aus Rottenburg von Bischof Gebhard Fürst suchten sie nach einem Ausweg. In dem Stuttgarter Pfarrer Joachim Pfützner von der alt-katholischen Kirche fanden sie einen Geistlichen, der bei der Feier im Mai ihren gemeinsamen Lebensweg segnen wird. Diese Glaubensgemeinschaft hat sich im 19. Jahrhundert von der römisch-katholischen Kirche abgespalten und muss nicht den Weisungen des Vatikans folgen.
Eine Bedingung freilich stellte Pfützner. Um nicht „zur Pilgerstätte von homosexuellen Paaren aus ganz Deutschland“ zu werden, segne er nur Mitglieder seiner Gemeinde. Zuletzt war dies 2006 der Fall. Pfander trat aus der katholischen Kirche aus und in die alt-katholische Kirche ein, die in Württemberg etwa 500 Mitglieder hat (in Deutschland sind es etwa 1700).
Der Bundestagsabgeordnete Kaufmann, mit dem Pfander seit über einem Jahr verpartnert ist, will dagegen „weiterhin kritisch-konstruktives Mitglied der Kirche bleiben“, wie er am Dienstag den Stuttgarter Nachrichten aus einer Reise in Bulgarien sagte. Pfarrer Pfützner will wie der CDU-Kreischef nicht auf Konfrontation gehen. „Wir respektieren es, wenn eine Kirche anders als wir entscheidet“, sagte er den Stuttgarter Nachrichten.
Viele Homosexuelle sehen sich zum Austritt gezwungen
In der schwulen Community wird dies anders gesehen. Christoph Michl, der Sprecher des Christopher Street Days in Stuttgart, kann Pfanders Austritt aus der katholischen Kirche „sehr gut“ nachvollziehen: „Die ablehnende Haltung der Entscheidungsträger in der katholischen Kirche gegenüber Lesben und Schwulen bringt diese in der Ausübung ihres Glaubens immer wieder an harte Grenzen.“
Viele könnten und wollten „die mit Auflagen versehene Nächstenliebe in punkto Homosexualität nicht mittragen“ und sähen sich zum Austritt gezwungen. Von einem „entspannten Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe“ sei die Katholische Kirche noch kilometerweit entfernt, klagte CSD-Sprecher Christoph Michl.
Als vor einigen Jahren in Wetzlar ein katholischer Priester einem schwulen Paar seinen Segen gab, musste er sein Amt als Dekan abgeben - der Bischof, der ihn rauswarf, hieß Tebartz-van Elst.
Die katholische Kirche tut sich unverändert schwer mit einer Lebensform, die in der Gesellschaft weithin selbstverständlich und akzeptiert ist. „Was hätte Jesus dazu gesagt?“, fragt eine Freundin von Kaufmann und Pfander. Sie kennt beide schon lange und ist sicher: „Vor Gott sind Liebe und Treue das Wesentliche.“